Die Würfel sind gefallen, der neue Papst gewählt – jetzt ist das Thema gegessen? Von wegen! Denn obwohl während des Konklaves alles streng geheim ist, dürfen die Kardinäle im Nachhinein nach Herzenslust über alles reden, was danach passiert ist. Einzige Ausnahme: Wer für wen seine Stimme abgegeben hat. Da ist es kein Wunder, dass momentan jeder neuer Offenbarung im Internet so viel Aufmerksamkeit gegeben wird wie dem schlüpfrigsten Promi-Klatsch.
Klatsch-Kardinal statt Papst
Ein Mann, der als unangefochtener Sieger der Herzen aus dem Konklave ging, war Kardinal Tagle. Selbst war er Papabile, galt also als Favorit auf den Papsttitel. Sehr viel glücklicher scheint er aber damit zu sein, die Bürde nicht tragen zu müssen, denn niemand hat wohl gerade so viel Spaß, aus dem Nähkästchen zu plaudern.
Kurz nach dem Konklave setzte er sich mit zwei weiteren Kardinälen vor die Kamera und packte aus – aber jetzt nicht so, wie Sie vielleicht denken. So erzählte er zum Beispiel die herzerwärmende Geschichte darüber, dass er beim letzten Konklave 2013 schon neben dem Papst in spe Jorge Mario Bergoglio aka Franziskus saß. Die beiden waren schon vorher befreundet. Auch in diesem Konklave saß Tagle wieder neben dem zukünftigen Papst und war im Vorhinein auf Videos zu sehen, wie er mit ihm rumscherzte – was das Internet dazu bewegte, ihn scherzhaft als die Verkörperung des Heiligen Geistes zu bezeichnen. „Beim nächsten Konklave werden sie nicht mal wählen, sie werden einfach beobachten, wer sich mit Kardinal Tagle anfreundet und den dann wählen“, witzelte eine Nutzerin auf Twitter.

Mit Süßigkeiten ins Herz der Ungläubigen
Noch größere Wellen schlug eine andere Geschichte von Kardinal Tagle. Bei beiden Konklaven nahm er wohl Süßigkeiten mit in die Sixtinische Kapelle – weil „man weiß ja nicht, wie lange das dauert! Was, wenn ich Hunger kriege?“ Papst Franziskus fand das 2013 so lustig, dass er den deutlich jüngeren Kardinal wohl als „kleinen Jungen“ bezeichnet hat. Wer bringt schließlich Süßigkeiten in die Sixtinische Kapelle!
Auch beim Konklave 2025 brachte Tagle wieder Süßigkeiten mit:„ Beim letzten Mal waren wir 115 Kardinäle, diesmal 133! Das hätte ewig dauern können!“ Als klar wurde, dass Robert Prevost Papst werden würde, erzählt Tagle, und er mit jeder Stimme, die für ihn vorgelesen wurde, bleicher wurde, gab Tagle ihm zur Beruhigung eine Süßigkeit ab. Diese Offenbarung schlug so richtig Wellen: Die Künstler waren schnell am Werk und malten die Situation nach, wie sie sie sich vorstellten.
Der Ruf der katholischen Kirche ist (berechtigterweise) gerade unter jungen Menschen überhaupt nicht gut. Aber die letzten Wochen zeigen, dass zwischen dem Ruf einer verstaubten Institution mit einer gewalttätigen Geschichte und dem Ruf einer liebenswürdigen Vereinigung netter alter Herren nur eine mysteriöse Wahl und ein schrulliger Kardinal mit Mitteilungsdrang liegt.
Jana Hollstein schreibt immer dienstags für den KURIER über die große weite Welt des Internets. Mails an [email protected]