Auswanderer, Amerika und eine gescheiterte Revolution in Deutschland: 1848/49



Die Revolutionsjahre hatten im Gro�herzogtum Oldenburg eine gescheiterte liberale Ouvert�re: den Vortrag des Landesrabbiners Bernhard Wechsler vom Dezember 1846 im soeben von ihm mitgegr�ndeten Arbeiterbildungsverein. Das ist die vorz�gliche Analyse der Auswanderungsursachen und ein Pl�doyer f�r eine republikanisch verfa�te Gesellschaft. Und die USA sind das Beispiel; Auswanderung wird zum Politikum, zum Symptom anstehender Ver�nderungen: „Es k�mmt nur darauf an, ... da� in den Menschen der Gedanke immer lebendiger werde, es sollte nicht so sein. So wird ja auch der Kranke in dem Maa�e ungeduldiger, aufgeregter, in welchem er ein Bewu�tsein dessen bek�mmt, was Gesundheit hei�t.“ Und: „�berall ist Amerika, wo nur die Hand nicht m�ssig in den Schoo� gelegt wird und Verzagtheit und Muthlosigkeit die Gem�ther benebelt und erstarret...“

Es folgt hier der vollst�ndige Text. Ein Original befindet sich in der Landesbibliothek in Oldenburg.

Deutsch-Amerikaner in Cincinnati/Ohio haben schon am 4. April 1848 einen Solidarit�ts-Aufruf beschlossen, der am 21. Mai 1848 im Sonntagsblatt in Vechta im katholischen Oldenburger S�den erschienen ist und erfolgreichen Revolution�ren eine Freiheitsfahne versprochen hat; sie ist wohl in der „K�nigin des Westens“ geblieben, in „Over the Rhine“, wie das deutsche Viertel jenseits des verdreckten Kanals genannt wurde.

Eine „Adresse der Buerger von New York“ vom 20. April 1848 erreichte die Nationalversammlung in Frankfurt in der Paulskirche am 9. Juni 1848 (Franz Wigard, Hg.: Reden f�r die deutsche Nation 1848/49. Stenographischer Bericht �ber die Verhandlungen der Deutschen Constituirenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main. Bd. 1. Frankfurt: Sauerl�nder 1848, S. 162f.; Nachdruck M�nchen: Moos & Partner 1988)

Die Nationalversammlung hat das Recht auf Auswanderung am 7. Dezember 1848 als Grundrecht beschlossen (Wigard, Bd. 5, S. 3897):

Am 16. M�rz 1849 beriet und beschlo� die Paulskirche das „Gesetz, den Schutz und die F�rsorge des Reichs f�r deutsche Auswanderung betreffend“ (Wigard, Bd. 8, 5709-31). Der Abgeordnete Wilhelm Friedrich Schulz aus Weilburg („Demokratische Linke“) hat in der Debatte gesagt:

All dies ist zu Makulatur geworden: eine Revolution, die zun�chst einmal blutig gescheitert und auch z�gernd und resignierend aufgegeben worden ist. Ein eher der Einheit als der Freiheit verpflichteter Nationalismus blieb lebendig; die Reichsgr�ndung (1871) stellte viele Revolution�re auch in Amerika zufrieden. Schon in der Paulskirche hatte die "Germania" von Philipp Veit die Orgel verdeckt und den Kirchenraum beherrscht, aber auch so manchen Redner von links bis rechts.

Viele Revolution�re flohen oder gingen in die USA. Auch Sympathisanten sind gegangen. Jakob Julius Schlickum aus Westfalen z.B. war einer von ihnen (Hans Dahlmanns, Voerde am Niederrhein). Mit viel Pathos hat der studierte Landwirtschaftslehrer (1825-1863) sich im Juni 1849 verabschiedet:

Viele von ihnen wurden auch von Deutsch-Amerikanern sehr unfreundlich empfangen. „Der Oldenburgische Volksfreund“ hat einige Beschimpfungen am 3. April 1850 - Revolution und Paulskirche waren l�ngst gescheitert - gedruckt:

Die Kirchenzeitung der deutschen altlutherischen Missouri-Synode (St. Louis) hat die Revolution �ber 5 Jahre berichtend und kommentierend begleitet:

Im Februar 1848 ist das „Kommunistische Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels erschienen.

„Gesellschaft, das war die Leitidee der b�rgerlichen Aufkl�rung - und ihre egalit�re Radikalisierung war das Kommunistische Manifest: ‘eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung f�r die freie Entwicklung aller ist’.“ (Matthias Greffrath, in: Die Zeit, 5. Februar 1998)

Der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann, ein eher konservativ-liberaler Revolution�r, hat 1848 als „Peter Struwwel“ ein „Handb�chlein f�r W�hler oder kurzgefa�te Anleitung, in wenigen Tagen ein Volksmann zu werden“ (Leipzig: Verlag von Gustav Mayer) geschrieben, und er hat im beigef�gten „W�rterbuch volksth�mlicher Schlagw�rter“ den linken radikal-republikanischen Revolution�ren erl�utert, was „Republik“ bedeute:

1847 hatte er den „Struwwelpeter“ ver�ffentlicht. Er lie� Hans guck-in-die-Luft dem freien Flug der V�gel nachschauen, die allt�glichen Realit�ten �bersehen und ins Wasser purzeln. Triefend nass und besch�mt wurde er wieder herausgezogen. Was ungezogenen Kindern bl�ht, hat Heinrich Hoffmann drastisch vor Augen gef�hrt. Er hatte damit mehr Erfolg als die Verfassungsv�ter der Paulskirche zun�chst mit ihren Idealen. Der Abgeordnete Wilhelm Friedrich Schulz, in Peter Struwwels Augen ein linker "W�hler", hat in der Paulskirche gesagt: "Viel ist schon verhandelt, wenig ist gehandelt worden."

70 Jahre haben Deutsche von Demokratie und Republik nur tr�umen k�nnen.



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Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA - DAUSA * Prof.(pens.) Dr. Antonius Holtmann Br�derstra�e 21 a -26188 Edewecht - Friedrichsfehn *Kontakt: [email protected]