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Bearbeitung, zuletzt am 24. Nov. 2009, durch: A. Tschentscher; Markus Lang | � | ||
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Verfassungsbeschwerden gegen die Zustimmungsgesetze zu diesen Vertr�gen, die auf die Verletzung der Art. 14 GG, Art. 16 GG, Art. 6 GG gest�tzt werden, sind unzul�ssig. | � |
2. Die Zustimmungsgesetze zu den Ostvertr�gen, ebenso wie diese Vertr�ge selbst, begr�nden keine unmittelbaren Verhaltenspflichten Einzelner. Sie sind auch nicht geeignet, in anderer Weise grundrechtlich gesch�tzte individuelle Rechtspositionen unmittelbar zu verschlechtern. Sie schm�lern keine Verm�gensrechte; sie bewirken keinen Verlust der deutschen Staatsangeh�rigkeit; sie beeintr�chtigen nicht die Bem�hungen um Zusammenf�hrung getrennter Familien. | � |
3. Verfassungsbeschwerden gegen Zustimmungsgesetze zu v�lkerrechtlichen Vertr�gen mit allgemeinem politischen Inhalt wie den Ostvertr�gen sind unzul�ssig, wenn mit ihnen die verfassungsgerichtliche Feststellung erstrebt wird, bei den Vertragsverhandlungen h�tte eine bestimmte sachliche Regelung zugunsten der Beschwerdef�hrer erreicht werden m�ssen und der Abschlu� des Vertrages ohne diese Regelung habe die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages zur Folge. | � |
� Beschlu� | � |
des Ersten Senats vom 7. Juli 1975 | � |
-- 1 BvR 274/72 -- | � |
Entscheidungsformel: | � |
Die Verfassungsbeschwerden werden verworfen. | � |
� Gr�nde: | � |
� A. | � |
Gegenstand des Verfahrens sind die sogenannten Ostvertr�ge. Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die beiden Gesetze vom 23. Mai 1972 (BGBl. 1972 II S. 353, 361), mit denen der Deutsche Bundestag dem Vertrag vom 12. August 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (Moskauer Vertrag) sowie dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen �ber die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen (Warschauer Vertrag) zugestimmt hat.
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I. | � |
1. Der Moskauer Vertrag ist mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden am 3. Juni 1972 in Kraft getreten (BGBl. 1972 II S. 650). Der Vertrag, der urspr�nglich als "Gewaltverzichtsvertrag" bezeichnet wurde (BTDrucks. VI/1021), hat folgenden Wortlaut:
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Artikel 1
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Die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken betrachten es als wichtiges Ziel ihrer Politik, den internationalen Frieden aufrechtzuerhalten und die Entspannung zu erreichen. Sie bekunden ihr Bestreben, die Normalisierung der Lage in Europa und die Entwicklung friedlicher Beziehungen zwischen allen europ�ischen Staaten zu f�rdern und gehen dabei von der in diesem Raum bestehenden wirklichen Lage aus.
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Artikel 2
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Die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken werden sich in ihren gegenseitigen Beziehungen sowie in Fragen der Gew�hrleistung der europ�ischen und der internationalen Sicherheit von den Zielen und Grunds�tzen, die in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt sind, leiten lassen. Demgem�� werden sie ihre Streitfragen ausschlie�lich mit friedlichen Mitteln l�sen und �bernehmen die Verpflichtung, sich in Fragen, die die Sicherheit in Europa und die internationale Sicherheit ber�hren, sowie in ihren gegenseitigen Beziehungen gem�� Artikel 2 der Charta ![]() ![]() | 7 |
Artikel 3
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In �bereinstimmung mit den vorstehenden Zielen und Prinzipien stimmen die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in der Erkenntnis �berein, da� der Friede in Europa nur erhalten werden kann, wenn niemand die gegenw�rtigen Grenzen antastet. -- Sie verpflichten sich, die territoriale Integrit�t aller Staaten in Europa in ihren heutigen Grenzen uneingeschr�nkt zu achten; -- sie erkl�ren, da� sie keine Gebietsanspr�che gegen irgend jemand haben und solche in Zukunft auch nicht erheben werden; -- sie betrachten heute und k�nftig die Grenzen aller Staaten in Europa als unverletzlich, wie sie am Tage der Unterzeichnung dieses Vertrages verlaufen, einschlie�lich der Oder-Nei�e-Linie, die die Westgrenze der Volksrepublik Polen bildet, und der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik.
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Artikel 4
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Dieser Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ber�hrt nicht die von ihnen fr�her abgeschlossenen zweiseitigen und mehrseitigen Vertr�ge und Vereinbarungen.
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Artikel 5
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Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation und tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft, der in Bonn stattfinden soll. GESCHEHEN ZU MOSKAU am 12. August 1970 in zwei Urschriften, jede in deutscher und russischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleicherma�en verbindlich ist.
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Die Zustimmungsformel nach Art. 1 des Gesetzes vom 23. Mai 1972 erfa�t nicht nur den Moskauer Vertrag selbst, sondern auch den "Brief zur deutschen Einheit" vom 12. August 1970, den die Bundesregierung anl��lich der Vertragsunterzeichnung im sowjetischen Au�enministerium �bergeben lie� und der folgenden Inhalt hat:
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"... im Zusammenhang mit der heutigen Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union ![]() ![]() | 15 |
Die Zustimmungsformel erstreckt sich ferner auf die Noten, die zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der drei Westm�chte vor der Vertragsunterzeichnung ausgetauscht wurden. In den Noten der Bundesregierung hei�t es:
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"Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland beehrt sich, im Zusammenhang mit der bevorstehenden Unterzeichnung eines Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken folgendes mitzuteilen: Der Bundesminister des Ausw�rtigen hat im Zusammenhang mit den Verhandlungen den Standpunkt der Bundesregierung hinsichtlich der Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier M�chte in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin dargelegt. Da eine friedensvertragliche Regelung noch aussteht, sind beide Seiten davon ausgegangen, da� der beabsichtigte Vertrag die Rechte und Verantwortlichkeiten der Franz�sischen Republik, des Vereinigten K�nigreichs Gro�britannien und Nordirland, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Vereinigten Staaten von Amerika nicht ber�hrt. Der Bundesminister des Ausw�rtigen hat in diesem Zusammenhang dem sowjetischen Au�enminister am 6. August 1970 erkl�rt: "Die Frage der Rechte der Vier M�chte steht in keinem Zusammenhang mit dem Vertrag, den die Bundesrepublik Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken abzuschlie�en beabsichtigen und wird von diesem auch nicht ber�hrt."
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Der Au�enminister der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken hat darauf die folgende Erkl�rung abgegeben:
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"Die Frage der Rechte der Vier M�chte war nicht Gegenstand der Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland. Die Sowjetregierung ging davon aus, da� die Frage nicht er�rtert werden sollte. Die Frage der Rechte der Vier M�chte wird auch von dem Vertrag, den die UdSSR und die Bundesrepublik Deutschland abzuschlie�en beabsichtigen, nicht ber�hrt. Dies ist die Stellungnahme der Sowjetregierung zu dieser Frage."
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"da� die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier M�chte in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes, die sich aus dem Ergebnis des Zweiten Weltkrieges herleiten und die im Londoner �bereinkommen vom 14. November 1944, in der Vierererkl�rung vom 5. Juni 1945 sowie in anderen Kriegs- und Nachkriegs�bereink�nften ihren Niederschlag gefunden haben, durch einen zweiseitigen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, einschlie�lich dieses Vertrags, nicht ber�hrt werden und nicht ber�hrt werden k�nnen."
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Alle diese Dokumente sind zusammen mit dem Gesetz und dem Moskauer Vertrag selbst im Bundesgesetzblatt (BGBl. 1972 II S. 353) ver�ffentlicht worden. In der Ratifikationsurkunde, die der sowjetischen Regierung am 3. Juni 1972 �bergeben wurde, wird auf das Zustimmungsgesetz ausdr�cklich Bezug genommen. Die Zustimmungserkl�rung des Obersten Sowjets zum Moskauer Vertrag vom 31. Mai 1972 beschr�nkt sich auf die Wiedergabe des Vertragstextes, ohne den Brief zur deutschen Einheit oder den Notenwechsel zwischen der Bundesregierung und den drei Westm�chten zu erw�hnen (Vedomosti Verchovnogo Soveta SSSR [Nachrichten des Obersten Sowjets der UdSSR], 1972, Nr. 35, Pos. 316).
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2. Der Warschauer Vertrag ist mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden ebenfalls am 3. Juni 1972 in Kraft getreten (BGBl. 1972 II S. 651). Er hat folgenden Wortlaut:
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Die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik Polen
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IN DER ERW�GUNG, da� mehr als 25 Jahre seit Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen sind, dessen erstes Opfer Polen wurde und der �ber die V�lker Europas schweres Leid gebracht hat, ![]() ![]() | 25 |
Artikel I
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(1) Die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik Polen stellen �bereinstimmend fest, da� die bestehende Grenzlinie, deren Verlauf im Kapitel IX der Beschl�sse der Potsdamer Konferenz vom 2. August 1945 von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinem�nde und von dort die Oder entlang bis zur Einm�ndung der Lausitzer Nei�e und die Lausitzer Nei�e entlang bis zur Grenze mit der Tschechoslowakei festgelegt worden ist, die westliche Staatsgrenze der Volksrepublik Polen bildet.
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(2) Sie bekr�ftigen die Unverletzlichkeit ihrer bestehenden Grenzen jetzt und in der Zukunft und verpflichten sich gegenseitig zur uneingeschr�nkten Achtung ihrer territorialen Integrit�t.
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(3) Sie erkl�ren, da� sie gegeneinander keinerlei Gebietsanspr�che haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden.
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Artikel II
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(1) Die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik Polen werden sich in ihren gegenseitigen Beziehungen sowie in Fragen der Gew�hrleistung der Sicherheit in Europa und in der Welt von den Zielen und Grunds�tzen, die in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt sind, leiten lassen.
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(2) Demgem�� werden sie entsprechend den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen alle ihre Streitfragen ausschlie�lich mit friedlichen Mitteln l�sen und sich in Fragen, die die europ�ische und internationale Sicherheit ber�hren, sowie in ihren gegenseitigen Beziehungen der Drohung mit Gewalt oder der Anwendung von Gewalt enthalten.
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(1) Die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik Polen werden weitere Schritte zur vollen Normalisierung und umfassenden Entwicklung ihrer gegenseitigen Beziehungen unternehmen, deren feste Grundlage dieser Vertrag bildet.
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(2) Sie stimmen darin �berein, da� eine Erweiterung ihrer Zusammenarbeit im Bereich der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, wissenschaftlich-technischen, kulturellen und sonstigen Beziehungen in ihrem beiderseitigen Interesse liegt.
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Artikel IV
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Dieser Vertrag ber�hrt nicht die von den Parteien fr�her geschlossenen oder sie betreffenden zweiseitigen oder mehrseitigen internationalen Vereinbarungen.
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Artikel V
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Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation und tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft, der in Bonn stattfinden soll. ZU URKUND DESSEN haben die Bevollm�chtigten der Vertragsparteien diesen Vertrag unterschrieben. GESCHEHEN zu Warschau am 7. Dezember 1970 in zwei Urschriften, jede in deutscher und polnischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleicherma�en verbindlich ist.
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Vor der Unterzeichnung des Warschauer Vertrages hatte die Bundesregierung mit den drei Westm�chten Noten ausgetauscht, die entsprechend dem beim Moskauer Vertrag gew�hlten Verfahren in die Zustimmungsformel nach Art. 1 des Gesetzes vom 23. Mai 1972 aufgenommen und zusammen mit dem Gesetz im Bundesgesetzblatt (BGBl. 1972 II S. 361) ver�ffentlicht worden sind. Die Noten der Bundesregierung haben folgenden Inhalt:
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"Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland beehrt sich, ... den anliegenden Wortlaut eines Vertrages �ber die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen zur Kenntnis zu bringen, der am 18. November in Warschau paraphiert worden ist. Im Laufe der Verhandlungen, die zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Volksrepublik Po ![]() ![]() | 41 |
In den Antwortnoten der drei Westm�chte hei�t es:
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"Die Regierung ... nimmt von der Paraphierung des Vertrages zustimmend Kenntnis. Sie teilt die Auffassung, da� der Vertrag die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier M�chte, wie sie in den bekannten Vertr�gen und Vereinbarungen ihren Niederschlag gefunden haben, nicht ber�hrt und nicht ber�hren kann."
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Auch in der Ratifikationsurkunde, die der polnischen Regierung am 3. Juni 1972 �bergeben wurde, ist auf das Zustimmungsgesetz vom 23. Mai 1972 ausdr�cklich Bezug genommen.
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Die polnische Regierung hat der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Abschlu� des Warschauer Vertrages ein Informationsschreiben zugeleitet (BTDrucks. VI/3157 S. 13), in dem sie die Bundesregierung �ber Ma�nahmen zur L�sung humanit�rer Probleme unterrichtet, die sie in bezug auf Familienzusammenf�hrung, Ausreise von Personen deutscher Volkszugeh�rigkeit und Familienbesuchsverkehr bereits getroffen habe oder nach Inkrafttreten des Vertrages zu treffen gedenke. Der Rechtsausschu� des Bundestages hat zu dem Informationsschreiben einm�tig festgestellt, da� "der Wortlaut der Information der Regierung der Volksrepublik Polen von der Bundesregierung und der polnischen Regierung inhaltlich abgestimmt worden" ist (Rechtsausschu�, 6. Wp. 84. Sitzung, Beschlu�protokoll S. 3). Die ver�ffentlichte Zustimmungserkl�rung des polnischen Staatsrates zum Warschauer Vertrag vom 26. Mai 1972 (Dziennik Ustaw Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej [Gesetzblatt der Volksrepu ![]() ![]() | 45 |
II. | � |
1. Die Beschwerdef�hrer r�gen mit ihren Verfassungsbeschwerden, da� die Zustimmungsgesetze zum Moskauer und Warschauer Vertrag ihre Grundrechte verletzen. Die Beschwerdef�hrer zu 1) bis 3) machen eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 14 GG, die Beschwerdef�hrer zu 3) und 5) bis 8) eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 16 Abs. 1 GG, die Beschwerdef�hrer zu 4) bis 7) eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 6 GG oder aus Art. 2 Abs. 1 GG geltend. Die Beschwerdef�hrer zu 1) und 2) haben Gutachten von Professor Wilhelm Wengler vorgelegt.
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Aus dem Vortrag der Beschwerdef�hrer ergibt sich folgender Sachverhalt:
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Die Beschwerdef�hrer zu 1) und 2), die bis 1937 zusammen mit ihrer Mutter in Breslau lebten, haben diese 1945 beerbt. Die Beschwerdef�hrerin zu 1), die fr�her deutsche Staatsangeh�rige war, besitzt jetzt die amerikanische Staatsangeh�rigkeit; der Beschwerdef�hrer zu 2) ist sowohl deutscher als auch �gyptischer Staatsangeh�riger. Ihre Mutter war Eigent�merin von Grundst�cken und sonstigen Verm�genswerten in Schlesien. 1939 mu�te sie mit beiden Beschwerdef�hrern nach nationalsozialistischen Verfolgungsma�nahmen emigrieren.
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Die jetzt in der Bundesrepublik ans�ssige Beschwerdef�hrerin zu 3) lebte als deutsche Staatsangeh�rige bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in K�nigsberg/Preu�en und betrieb dort in einem ihr geh�renden Haus eine Leihb�cherei sowie ein Fotogesch�ft.
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Der in Gro� D�bern, Kreis Oppeln, geborene Beschwerdef�hrer zu 4) ist nach einem Auslandsaufenthalt im Jahre 1970 nicht mehr nach Oppeln zur�ckgekehrt. Er lebt heute in der Bundesrepublik. Er hat seine Ehefrau und seine beiden minderj�hrigen Kinder, die Beschwerdef�hrer zu 5) und 6), in Oppeln zur�ck ![]() ![]() | 50 |
Die Beschwerdef�hrerin zu 7) ist 1949 in Zabrze (Hindenburg/ Oberschlesien), ihrem jetzigen Wohnsitz, geboren. Sie besitzt die deutsche Staatsangeh�rigkeit. Ihr Vater konnte als Sp�taussiedler im Jahre 1971 in die Bundesrepublik ausreisen. Seitdem bem�ht sich die Beschwerdef�hrerin vergeblich, ihrem Vater in die Bundesrepublik zu folgen.
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Der jetzt in der Bundesrepublik lebende Beschwerdef�hrer zu 8) hat zwischen 1945 und 1959 in Gera und Leipzig gewohnt. Er ist nach seiner Ansicht Staatsb�rger der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gem�� dem Gesetz �ber die Staatsb�rgerschaft der DDR vom 20. Februar 1967 (Gesetzblatt der DDR 1967 I S. 3).
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2. Im einzelnen wird von den Beschwerdef�hrern vorgetragen:
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a) Nach Meinung der Beschwerdef�hrer zu 1) bis 3) haben die Vertr�ge zum Untergang ihrer Eigentumsrechte gef�hrt, welche sie f�r ihre Grundst�cke in Schlesien und K�nigsberg in Anspruch nehmen. Die Grenzregelungen insbesondere in Art. 3 des Moskauer Vertrages seien mehr als blo�e Gewaltverzichtsabreden. Ihnen komme vielmehr die Bedeutung einer friedensvertraglichen Regelung zu; durch sie werde der mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geschaffene territoriale status quo in Europa f�r die Zukunft als rechtsverbindlich anerkannt. Daher habe die Bundesregierung mit dem Abschlu� der Vertr�ge dazu beigetragen, da� die bislang offengebliebene territoriale Frage im Hinblick auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete jenseits der Oder-Nei�e- Linie eine endg�ltige rechtliche L�sung gefunden habe. Weder der Brief zur deutschen Einheit noch die im Sinne eines Friedensvertragsvorbehalts auslegungsf�higen Art. 4 des Moskauer und Art. IV des Warschauer Vertrages k�nnten an dieser Rechtsfolge etwas �ndern. Durch die Grenzregelung des Moskauer und Warschauer Vertrages sei die Bundesrepublik rechtlich gehindert, auf die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit und damit auf den Abschlu� eines Friedensvertrages �berhaupt ![]() ![]() | 54 |
b) Nach Meinung der Beschwerdef�hrer zu 3) und zu 5) bis 8) k�nnen die Grenzregelungen des Moskauer und Warschauer Vertrages den automatischen Verlust ihrer bisherigen Staatsangeh�rigkeit zur Folge gehabt haben. Durch die Vertr�ge habe sich die Gebietszugeh�rigkeit und damit der v�lkerrechtliche Status der ehemaligen deutschen Ostgebiete jenseits der Oder-Nei�e-Linie sowie der DDR ge�ndert. Diese Gebiete seien nunmehr von der Bundesrepublik als Ausland anzusehen. Der Wechsel der Gebietshoheit f�hre auch zu einem Wechsel der Personalhoheit, so da� die ehemaligen und heutigen Bewohner der Ostgebiete oder der DDR ihre deutsche Staatsangeh�rigkeit automatisch verloren h�tten. Die Bundesrepublik sei durch die Vertr�ge von Moskau und Warschau v�lkerrechtlich gehindert, die ehemaligen und heutigen Bewohner der deutschen Ostgebiete sowie der DDR als eigene Staatsangeh�rige in Anspruch zu nehmen. Da es die Bundesrepublik unterlassen habe, durch das Aushandeln einer Optionsklausel dem automatischen Eintritt dieser Rechtsfolge vorzubeugen, habe sie mit dem Abschlu� der Ostvertr�ge dazu beigetragen, da� den Beschwerdef�hrern ihre bis dahin innegehabte deutsche Staatsangeh�rigkeit in verfassungswidriger Weise entzogen worden sei.
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c) Nach Ansicht der Beschwerdef�hrer zu 4) bis 7) legalisiert ![]() ![]() | 56 |
III. | � |
Der Bundesminister der Justiz, der sich f�r die Bundesregierung ge�u�ert hat, h�lt die Verfassungsbeschwerden f�r unzul�ssig, wei�&l die Beschwerdef�hrer von den angegriffenen Zustimmungsgesetzen zum Moskauer und Warschauer Vertrag nicht selbst, gegenw�rtig und unmittelbar rechtlich betroffen seien. Beide Vertr�ge k�nnten im innerstaatlichen Recht nicht unmittelbar angewendet werden, da sie Rechte und Pflichten lediglich im Verh�ltnis der vertragschlie�enden Staaten zueinander, nicht aber zugunsten oder zu Lasten einzelner B�rger begr�ndeten.
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Den Beschwerdef�hrern sei weder durch den Moskauer noch durch den Warschauer Vertrag ihre deutsche Staatsangeh�rigkeit entzogen worden. Die Grenzregelung nach Art. 3 des Moskauer Vertrages enthalte keine Aussage �ber die deutsche Staatsangeh�rigkeit der fr�heren und jetzigen Bewohner der DDR. Die Grenzregelung nach Art. I des Warschauer Vertrages ber�hre die Staatsangeh�rigkeit der in den von Polen innegehabten Gebieten �stlich von Oder und Nei�e lebenden Deutschen nicht. ![]() ![]() | 59 |
Da� den in den Oder-Nei�e-Gebieten lebenden Deutschen von der Bundesrepublik nur ein mangelhafter diplomatischer Schutz gew�hrt werden k�nne, ergebe sich daraus, da� die Deutschen von der Volksrepublik Polen als deren eigene Staatsangeh�rige in Anspruch genommen w�rden und daher in einer �hnlichen Situation wie Personen mit doppelter Staatsangeh�rigkeit lebten. Diese Situation habe jedoch schon vor Abschlu� des Vertrages bestanden; insoweit sei eine Ver�nderung der Lage zum Nachteil der Beschwerdef�hrer nicht eingetreten. Die Bundesrepublik k�nne im Gegenteil nach dem Inkrafttreten des Warschauer Vertrages ihrer diplomatischen Schutzpflicht sogar besser nachkommen, indem sie sich etwa um die Ausreise von getrennten Familienangeh�rigen bem�he. Daher habe sich auch die famili�re Situation der Beschwerdef�hrer mit dem Inkrafttreten ![]() ![]() | 60 |
Die Bundesregierung hat Gutachten von Professor Jochen Abr. Frowein und von den Professoren Herbert Bernstein und Konrad Zweigert vorgelegt.
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IV. | � |
Von der Durchf�hrung einer m�ndlichen Verhandlung ist abgesehen worden, da von ihr eine weitere F�rderung des Verfahrens nicht zu erwarten war.
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� B. | � |
Die Verfassungsbeschwerden sind unzul�ssig.
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Voraussetzung f�r die Zul�ssigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz ist die Darlegung, da� der Beschwerdef�hrer selbst, gegenw�rtig und unmittelbar durch das Gesetz in einem Grundrecht verletzt sein kann (BVerfGE 35, 79 [107]; 30, 1 [16] mit weiteren Nachweisen). Danach mu� der Beschwerdef�hrer nicht nur eine entsprechende und gem�� � 92 BVerfGG ausreichend substantiierte Behauptung aufstellen, sondern die von ihm angegriffene Rechtsnorm mu� nach Struktur und Inhalt geeignet sein, in Grundrechte einzugreifen, das hei�t unmittelbar eine grundrechtlich gesch�tzte Position des Beschwerdef�hrers zu seinem Nachteil zu ver�ndern. Schon an dieser Voraussetzung fehlt es hier. Die Zustimmungsgesetze zu den Vertr�gen von Moskau und Warschau enthalten nichts, was unmittelbar nachteilige Wirkungen f�r den Schutzbereich der von den Beschwerdef�hrern als verletzt ger�gten Grundrechte erzeugen k�nnte. Dies erhellt aus einer W�rdigung der politischen und rechtlichen Lage, wie sie vor Abschlu� der Vertr�ge bestand, und der Analyse der tats�chlichen und rechtlichen Wirkungen, welche die Vertr�ge auf diese Lage aus�ben.
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Der letzte Weltkrieg und die Besetzung des Deutschen Reiches durch die Siegerm�chte hatten namentlich f�r die Gebiete �stlich der Oder-Nei�e-Linie tiefgreifende politische Ver�nderungen zur Folge, die insbesondere das Verh�ltnis der Bundesrepublik Deutschland zur Sowjetunion und zu Polen erheblich belasteten. Einer Entspannung und Normalisierung zwischen diesen Staaten standen neben anderen Auswirkungen des Krieges die ungel�sten Fragen der Einheit Deutschlands, des Schicksals der Ostgebiete und des Verh�ltnisses der Bundesrepublik Deutschland zur DDR im Wege.
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1. Die Gebiete �stlich von Oder und Nei�e sind ebenso wie das �brige Reichsgebiet in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 von den Siegerm�chten bei Kriegsende nicht annektiert worden. Im Vorspruch der "Erkl�rung" vom 5. Juni 1945, welche die Regierungen des Vereinigten K�nigreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken sowie die provisorische Regierung der Franz�sischen Republik "in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der �bernahme der obersten Regierungsgewalt hinsichtlich Deutschlands" abgegeben haben, hei�t es: "Die �bernahme ... der besagten Regierungsgewalt und Befugnisse bewirkt nicht die Annektierung Deutschlands" (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Erg�nzungsblatt Nr. 1 S. 7). Auf der Potsdamer Konferenz (Juli/August 1945) kamen Gro�britannien, die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten von Amerika �berein, die deutschen Gebiete �stlich von Oder und Nei�e einer Sonderregelung zu unterwerfen, die von der im �brigen Reichsgebiet eingerichteten Besatzungsherrschaft deutlich abwich. Nach den Abschnitten VI und IX des als "Mitteilung �ber die Dreim�chtekonferenz von Berlin" bezeichneten Protokolls vom 2. August 1945 (oft Potsdamer Abkommen genannt) wurden die deutschen Ostgebiete "vorbehaltlich der endg�ltigen Bestimmung der territorialen Fragen bei der Friedensregelung" teilweise unter sowjetische und teilweise unter polnische "Verwaltung" gestellt (Amtsblatt ![]() ![]() | 66 |
Die drei Westm�chte haben einer endg�ltigen Zuweisung der deutschen Ostgebiete an die Sowjetunion und Polen nicht zugestimmt. Nach der Ziffer VI des Protokolls �ber die Beschl�sse der Potsdamer Konferenz haben Gro�britannien und die Vereinigten Staaten lediglich in Aussicht gestellt, den "grunds�tzlich" akzeptierten "Vorschlag der Sowjetregierung hinsichtlich der endg�ltigen �bergabe der Stadt K�nigsberg und des anliegenden Gebiets an die Sowjetunion" vorbehaltlich einer noch vorzunehmenden Festlegung des "genauen Grenzverlaufs" bei der "bevorstehenden Friedensregelung" zu "unterst�tzen".
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2. Die Sowjetunion und Polen haben jedoch schon bald nach Beendigung des Krieges Ma�nahmen getroffen, die auf eine vollst�ndige Einbeziehung der deutschen Gebiete �stlich von Oder und Nei�e in ihren Herrschaftsbereich gerichtet waren.
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Das Pr�sidium des Obersten Sowjets der UdSSR erlie� am 7. April, 2. Juli und 25. Dezember 1946 Anordnungen zur Neuregelung der Verh�ltnisse im n�rdlichen Ostpreu�en. Aus dem Territorium der Stadt K�nigsberg und der umliegenden Rayons wurde das K�nigsberger Gebiet gebildet und als solches in den Bestand der Russischen F�derativen Sozialistischen Sowjetrepublik eingef�gt. Die ostpreu�ischen St�dte erhielten russische Ortsnamen. Am 25. Februar 1947 wurde die sowjetische Verfassung durch ein Gesetz ge�ndert, welches das in Kaliningrad umbenannte K�nigsberger Gebiet zur Verwaltungseinheit (Oblast) der Russischen F�derativen Sozialistischen Sowjetrepublik erkl�rte ![]() ![]() | 69 |
Auch im polnischen Machtbereich ergingen zahlreiche innerstaatliche Rechtsakte, die auf die Eingliederung des �bernommenen Teils der deutschen Ostgebiete in den polnischen Staatsverband gerichtet waren. Zu ihnen geh�ren vor allem das Dekret vom 13. November 1945 �ber die Verwaltung der wiedergewonnenen Gebiete, die Verordnungen des Ministerrats vom 29. Mai 1946 �ber die vorl�ufige Verwaltungseinteilung der wiedergewonnenen Gebiete sowie das Gesetz vom 11. Januar 1949 �ber die Eingliederung der wiedergewonnenen Gebiete (Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [Gesetzblatt der Republik Polen], 1945, Nr. 51, Pos. 295; 1946, Nr. 28, Pos. 177, 178; 1949, Nr. 4, Pos. 22). Danach wurden die als wiedergewonnene Gebiete bezeichneten deutschen Ostgebiete zun�chst unter die Verwaltung eines eigens zu diesem Zweck eingerichteten Ministeriums gestellt. Zu seinen Aufgaben geh�rten die Durchf�hrung einer planm��igen Aussiedlungsaktion und die Verwaltung des von den ausgesiedelten Deutschen zur�ckgelassenen Verm�gens. Nachdem aufgrund der Verordnungen vom 29. Mai 1946 die Verwaltung in diesen Gebieten neu geordnet worden war, wurde durch das Gesetz vom 11. Januar 1949 das Ministerium f�r die wiedergewonnenen Gebiete aufgel�st und seine Zust�ndigkeit auf die allgemeine Verwaltung der Republik Polen �bertragen. Von der polnischen Rechtsordnung her gesehen war damit jegliche Sonderregelung f�r die von Polen �bernommenen deutschen Ostgebiete beseitigt.
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3. Die �bernahme der deutschen Ostgebiete durch die Sowjetunion und Polen hat f�r das dort belegene Verm�gen der deutschen Bev�lkerung schwerwiegende Folgen gehabt. Soweit sich die deutsche Bev�lkerung dieser Gebiete beim Einmarsch der sowjetischen Truppen noch dort befand, wurde sie unter Verlust ![]() ![]() | 71 |
In den von Polen �bernommenen Oder-Nei�e-Gebieten ist die Entwicklung anders verlaufen. Dort wurden zahlreiche Gesetze und Verordnungen erlassen, die auf die Entziehung des Privateigentums der deutschen Bev�lkerung gerichtet waren. Am 6. Mai 1945 erging das Gesetz �ber das verlassene und aufgegebene Verm�gen (Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [Gesetzblatt der Republik Polen], 1945, Nr. 17, Pos. 97), durch das jegliches bewegliche und unbewegliche Verm�gen deutscher Staatsangeh�riger als aufgegeben bezeichnet und unter die Verwaltung des polnischen Finanzministeriums gestellt wurde. Das Gesetz vom 3. Januar 1946 betreffend die �bernahme der Grundzweige der nationalen Wirtschaft in das Eigentum des Staates (Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [Gesetzblatt der Republik Polen], 1946, Nr. 3, Pos. 17) ordnete die entsch�digungslose �berf�hrung des Eigentums der Deutschen an Industrie-, Bergbau-, Verkehrs-, Bank-, Versicherungs- und Handelsunternehmen in das Eigentum des polnischen Staates an. Nach dem Dekret des Ministerrats vom 8. M�rz 1946 �ber das verlassene und ehemals deutsche Verm�gen (Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [Gesetzblatt der Republik Polen], 1946, Nr. 13, Pos. 87) ging -- abgesehen von unerl��lichen pers�nlichen Gebrauchsgegenst�nden -- s�mtliches Verm�gen der Deutschen kraft Gesetzes in das Eigentum des polnischen Staates �ber. Eine Entsch�digungsregelung war in dem Dekret nicht vorgesehen. Einen gewissen Abschlu� fanden die gegen das deutsche Privateigentum gerichteten ![]() ![]() | 72 |
4. Wie bei der Verm�gensfrage sind die Sowjetunion und Polen auch im Hinblick auf die Staatsangeh�rigkeit des von der Vertreibung nicht betroffenen Restes der deutschen Bev�lkerung nicht in gleicher Weise verfahren.
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Die Sowjetunion hat eine gesetzliche Neuregelung der Staatsangeh�rigkeit f�r die Bewohner des n�rdlichen Ostpreu�en nicht vorgenommen. Die in diesem Gebiet wohnenden oder aus ihm stammenden, in der Sowjetunion lebenden deutschen Staatsangeh�rigen werden nach sowjetischem Recht als Ausl�nder angesehen; sofern sie nicht freiwillig die sowjetische Staatsb�rgerschaft erworben haben, ist ihre deutsche Staatsangeh�rigkeit auch durch die Einbeziehung des n�rdlichen Ostpreu�en in den Staatsverband der Sowjetunion nicht untergegangen (vgl. Geilke, Das Staatsangeh�rigkeitsrecht der Sowjetunion, 1964, S. 235 ff.).
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Anders verh�lt es sich mit Polen. Schon im Juni 1945 begannen die polnischen Beh�rden mit der stufenweisen Aussiedlung der deutschen Bev�lkerung aus den Oder-Nei�e-Gebieten. Diese Ma�nahme hatte Bev�lkerungsverluste zur Folge, die auch durch die anschlie�ende systematische Neuansiedlung von polnischen Emigranten und von Siedlern aus Zentralpolen nicht ausgeglichen werden konnten. Die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Nachteile f�hrten zu der Forderung, einen Teil der einheimischen Bev�lkerung Ostdeutschlands zur�ckzubehalten (vgl. dazu Stoll, Die Rechtsstellung der deutschen Staatsangeh�rigen in den polnisch verwalteten Gebieten, 1968, S. 53).
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Das polnische Gesetz vom 28. April 1946, das am 10. Mai ![]() ![]() | 76 |
Diese Rechtslage �nderte sich mit dem Gesetz vom 8. Januar 1951 (Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [Gesetzblatt der Republik Polen], 1951, Nr. 4, Pos. 25), das eine Neuregelung der polnischen Staatsangeh�rigkeit vorsah und die Staatsangeh�rigkeitsgesetze vom 20. Januar 1920 und 28. April 1946 abl�ste. Das neue Gesetz gestattete den polnischen Beh�rden, die Autochthonen von Amts wegen einzub�rgern. Dies f�hrte zu einer Gesamteinb�rgerung der Autochthonen auch ohne oder gegen ihren Willen. Das neue Gesetz �ber die polnische Staatsb�rgerschaft vom 15. Februar 1962 (Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [Gesetzblatt der Republik Polen], 1962, Nr. 10, Pos. 49) enth�lt demgem�� nichts mehr, was auf eine besondere Stellung dieses Personenkreises im polnischen Staatsverband hinweisen k�nnte.
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Die als Deutsche angesehenen Personen wurden in der Nachkriegszeit zun�chst als Ausl�nder behandelt. Dieser Bev�lkerungsteil wurde auch durch das Gesetz vom 8. Januar 1951 nicht zwangsweise eingeb�rgert. Die polnischen Beh�rden haben in ![]() ![]() | 78 |
Die DDR hatte zun�chst an der gesamtdeutschen Staatsangeh�rigkeit nach Ma�gabe des Reichs- und Staatsangeh�rigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 festgehalten. Dies �nderte sich erst mit dem Erla� des Gesetzes �ber die Staatsb�rgerschaft der DDR vom 20. Februar 1967 (Gesetzblatt der DDR 1967 I S. 3). Das Gesetz l�ste das Reichs- und Staatsangeh�rigkeitsgesetz von 1913 ab; es soll die gesamtdeutsche Staatsangeh�rigkeit durch eine eigene Staatsb�rgerschaft ersetzen, die als Ausdruck der Souver�nit�t der DDR verstanden wird.
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Im Gegensatz zur DDR h�lt die Bundesrepublik Deutschland an der gesamtdeutschen Staatsangeh�rigkeit im Sinne des Reichs- und Staatsangeh�rigkeitsgesetzes von 1913 fest. Weder die Ma�nahmen des polnischen Gesetzgebers noch das Staatsb�rgerschaftsgesetz der DDR von 1967 haben dazu f�hren k�nnen, da� die deutsche Bev�lkerung in den Gebieten �stlich von Oder und Nei�e sowie der DDR die deutsche Staatsangeh�rigkeit verloren hat (vgl. dazu auch BVerfGE 36, 1 [30]).
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II. | � |
Die vorstehend beschriebene Entwicklung ist dadurch gekennzeichnet, da� einseitige Ma�nahmen der Sowjetunion und Polens, die in die rechtlichen Verh�ltnisse und in das menschliche Schicksal vieler Deutscher tief eingriffen, von der Bundesrepublik Deutschland lediglich hingenommen werden mu�ten, ohne da� es ihr m�glich gewesen w�re, den eigenen Rechtsvorstellungen bei ![]() ![]() | 81 |
Dieser politisch-geschichtliche Hintergrund und dieses Ziel der Vertr�ge ist f�r ihre Auslegung bestimmend. Die Vertr�ge sollen die allgemeinen politischen Beziehungen der Bundesrepublik zur Sowjetunion und zu Polen auf eine neue Grundlage stellen; sie kn�pfen dabei bewu�t an das deutsch-sowjetische Abkommen vom 13. September 1955 an, auf das die Pr�ambel des Moskauer Vertrages hinweist. Sie sollen einen Proze� in Gang bringen, einen ersten Schritt auf dem Wege der Entwicklung und Festigung der politischen Beziehungen tun, dem weitere Schritte folgen sollen, deren konkrete Festlegung noch vorbehalten bleibt und f�r die zun�chst nur das "politische Klima" geschaffen werden soll. Auf den so begrenzten Zweck der Vertr�ge weisen schon die K�rze des Textes und der Wortlaut erkennbar hin. Daraus folgt aber, da� ein �bereinstimmender Wille der Vertragspartner, konkrete rechtliche Handlungs- und Verhaltenspflichten zu begr�nden, nur angenommen werden darf, wenn und soweit dies ![]() ![]() | 82 |
Aus der dargelegten hochpolitischen Natur der Vertr�ge folgt aber zugleich noch ein anderes. Der Vorwurf, die Vertr�ge seien mangelhaft, weil dieser oder jener sachliche Gegenstand darin nicht geregelt sei, mu�, soweit er mehr als politische Kritik sein soll und ein rechtlich relevantes Unterlassen des deutschen Vertragspartners r�gen will, von vornherein ein allgemeines Bedenken erwecken: Das mit den Vertr�gen verfolgte Ziel der Einleitung eines politischen Entspannungsprozesses zwischen den beteiligten Staaten h�tte gef�hrdet werden k�nnen, wenn versucht worden w�re, die Vertr�ge mit der Regelung sachlicher Detailfragen zu belasten; die befriedigende Regelung solcher Fragen k�nne und m�sse sp�teren besonderen Vereinbarungen sowie der innerstaatlichen deutschen Gesetzgebung vorbehalten bleiben.
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III. | � |
Da� die Vertr�ge keine unmittelbaren Verhaltenspflichten Einzelner begr�nden, ergibt sich, wie dargelegt, aus ihrem Wortlaut ohne weiteres. Daraus folgt jedoch noch nicht, da� die Be ![]() ![]() | 84 |
1. Die Beschwerdef�hrer zu 1) bis 3) sind durch die Zustimmungsgesetze zu den Ostvertr�gen nicht in ihren durch Art. 14 GG gesch�tzten Rechten betroffen.
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a) Verm�genspositionen, wie sie von den Beschwerdef�hrern beansprucht werden, sind diesen durch die Zustimmung des deutschen Gesetzgebers nicht entzogen worden. Die Zustimmungsgesetze enthalten, ebenso wie diese Vertr�ge selbst, keine Bestimmungen, die sich auf das Privatverm�gen der Deutschen in den Gebieten �stlich von Oder und Nei�e beziehen. Eine Legalenteignung dieser Verm�gen im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG hat mithin durch die Zustimmungsgesetze nicht stattgefunden. Den Beschwerdef�hrern zu 1) bis 3) ist ihr Verm�gen in den Gebieten �stlich von Oder und Nei�e durch Ma�nahmen der Sowjetunion und Polen, also ausschlie�lich durch Akte ausl�ndischer �ffentlicher Gewalt, entzogen worden.
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Die Beschwerdef�hrer zu 1) bis 3) meinen, die Bundesregierung habe an den sowjetischen und polnischen Konfiskationen insofern mitgewirkt, als sie durch den Abschlu� der Vertr�ge von Moskau und Warschau diesen Ma�nahmen nachtr�glich zugestimmt habe. Erst als Folge dieser Zustimmung sei das Privatverm�gen der Deutschen in den Oder-Nei�e-Gebieten endg�ltig untergegangen. Daher habe insbesondere der Warschauer Vertrag zu einer nachtr�glichen Legalisierung der polnischen Eigentumsentziehungen gef�hrt.
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Unter welchen Voraussetzungen eine etwaige nachtr�gliche Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland als Mitwirkung an einer fr�heren Enteignung durch ausl�ndische Staaten beurteilt werden k�nnte, mag dahinstehen. Eine solche Mitwirkung w�rde jedenfalls eine von einem positiven Gesch�ftswillen ge ![]() ![]() | 88 |
Die Vertr�ge von Moskau und Warschau erw�hnen Fragen des deutschen Privateigentums nicht. Der deutsche Vertragspartner hat keine auf die von der Sowjetunion und Polen vorgenommenen Eigentumsentziehungen bez�gliche Willenserkl�rung abgegeben, insbesondere keine Billigung oder Anerkennung dieser Ma�nahmen ausgesprochen. Dementsprechend erkl�rte der damalige Bundesminister des Ausw�rtigen in dem amtlichen Kommunique der Bundesregierung zum Warschauer Vertrag: "Wir haben in den Verhandlungen unterstrichen, da� die Bundesregierung durch den Abschlu� dieses Vertrages die Vertreibung der deutschen Bev�lkerung und die damit verbundenen Ma�nahmen nicht als rechtm��ig anerkennt" (Bulletin, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 8. Dezember 1970, Nr. 171, S. 1818 [1819]; vgl. auch Deutscher Bundestag, 7. Wp., 125. Sitzung, StenBer. S. 8359 B).
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b) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdef�hrer sich hinsichtlich ihres in den Gebieten �stlich von Oder und Nei�e verbliebenen Privatverm�gens noch auf ihre urspr�ngliche Eigentumsposition berufen k�nnen oder ob unter dem Einflu� der tats�chlichen Verh�ltnisse an deren Stelle Anspr�che auf Entsch�digung oder auf Wiedereinr�umung des Eigentums getreten sind (vgl. hierzu Blumenwitz, Die verm�gensrechtlichen Folgen der Ostvertr�ge, Jahrbuch f�r Ostrecht, Heft XIII/2 [1972], S. 179 [196 f.]). Wenn man davon ausgeht, da� das Eigentum der Beschwerdef�hrer mit seiner Entziehung durch die sowjetischen ![]() ![]() | 90 |
Die Bundesrepublik Deutschland hat bei Abschlu� der Vertr�ge gegen�ber der Sowjetunion und Polen nicht auf die Geltendmachung solcher R�ckgew�hr- oder Entsch�digungsanspr�che verzichtet. F�r die Annahme eines solchen Verzichts liefern weder die Vertr�ge selbst noch die �u�erungen der Vertragspartner irgendwelche Anhaltspunkte. Aus den Begriffen "Normalisierung" und "Entspannung", die, wie oben dargelegt, den politischen Sinn der Vertr�ge verdeutlichen sollen, kann ein solcher -- stillschweigender -- Verzicht nicht hergeleitet werden.
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c) Die Bundesrepublik Deutschland und Polen haben auch nicht den Warschauer Vertrag zum Anla� genommen, die durch die polnischen Konfiskationen aufgeworfene Entsch�digungsfrage mit den deutschen Reparationsleistungen dergestalt zu verkn�pfen, da� die beiderseitigen Anspr�che gegeneinander aufgerechnet w�rden und so auf keiner Seite Anspr�che �brigblieben.
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Eine solche Auffassung, die zwar keinen einseitigen Verzicht der Bundesregierung auf die Anspr�che der von den polnischen Konfiskationen Betroffenen, aber einen Anspruchsuntergang durch Aufrechnung annimmt, l��t sich nicht auf den Text des oben erw�hnten amtlichen Kommuniques der Bundesregierung st�tzen (wie Kimminich, JZ 1971, S. 485 [489], meint). Dort wird an keiner Stelle das Thema der deutschen Verm�genswerte in den Oder-Nei�e-Gebieten mit der Frage der polnischen Reparationsforderungen in Verbindung gebracht; erst recht ist nicht von einer Aufrechnung polnischer Reparationsforderungen gegen Entsch�digungsanspr�che die Rede.
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Gegen eine solche Abrede spricht zudem, da� bei Abschlu� des Warschauer Vertrages polnische Reparationsforderungen, ![]() ![]() ![]() ![]() | 94 |
d) Schlie�lich sind die Beschwerdef�hrer zu 1) und 2) durch die Zustimmungsgesetze zu den Ostvertr�gen auch nicht deshalb unmittelbar betroffen, weil sich nach ihrer Meinung aus dem Abschlu� der Vertr�ge bestimmte ihnen nachteilige kollisionsrechtliche Folgen ergeben. Danach sollen die Vertr�ge zu einer �nderung der Gebietshoheit und damit zu einem Statutenwechsel gef�hrt haben, welcher die deutschen Gerichte verpflichte, immer dann, wenn das deutsche Kollisionsrecht die Anwendung �rtlichen Rechts vorschreibe, sowjetisches oder polnisches Recht als das �rtliche Recht der Gebiete �stlich von Oder und Nei�e anzuwenden.
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Es ist umstritten, ob und inwieweit ein Staat, wenn er Kollisionsnormen setzt, �berhaupt v�lkerrechtlichen Bindungen unterliegt. Die Vertr�ge selbst enthalten jedenfalls keine Regelungen, die unmittelbar das Kollisionsrecht betreffen. Soweit ein Statutenwechsel stattgefunden haben sollte, k�nnte er nicht als Rechtsfolge der Vertr�ge gewertet werden. Die Ber�cksichtigung der fremden Rechtsordnung im Rahmen des deutschen Kollisionsrechts kn�pft vielmehr an die Lage an, die hinsichtlich der Gebiete �stlich von Oder und Nei�e bereits aufgrund der Beschl�sse der Potsdamer Konferenz, also lange vor Abschlu� der Vertr�ge, entstanden war. So haben deutsche Gerichte seit 1945 bei der Anwendung und Auslegung des deutschen Kollisionsrechts die in den Ostgebieten faktisch geltende Rechtsordnung in der dem Zweck der einzelnen Vorschrift entsprechenden Weise ber�cksichtigt.
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2. Die Beschwerdef�hrer zu 3) und zu 5) bis 8) werden durch die Zustimmungsgesetze zu den Ostvertr�gen nicht in ihren Rechten aus Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG betroffen. Die Vertr�ge k�nnen keinen Verlust der deutschen Staatsangeh�rigkeit bewirken; denjenigen, die vor Inkrafttreten der Vertr�ge die deutsche Staatsangeh�rigkeit besa�en, steht diese Staatsangeh�rigkeit weiterhin zu.
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b) Die in den polnischen Gebieten lebenden Beschwerdef�hrer zu 5) bis 7) meinen, ihre deutsche Staatsangeh�rigkeit dadurch verloren zu haben, da� die Gebiete �stlich von Oder und Nei�e mit dem Inkrafttreten der Ostvertr�ge aus der rechtlichen Zugeh�rigkeit zu Deutschland entlassen und der Souver�nit�t, also sowohl der territorialen wie der personalen Hoheitsgewalt der Sowjetunion und Polens endg�ltig unterstellt worden seien. Diese Wirkung kann jedoch den Vertr�gen nicht beigemessen werden.
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Bereits der Wortlaut der Vertr�ge spricht gegen die Annahme, sie k�nnten zu einer �nderung der Staatsangeh�rigkeit in den Gebieten �stlich von Oder und Nei�e lebender Deutscher gef�hrt haben; denn weder der Moskauer noch der Warschauer Vertrag enth�lt eine Bestimmung, die sich auf Fragen der Staatsangeh�rigkeit bezieht. Auch aus den in beiden Vertr�gen enthaltenen Grenzregelungen kann hierf�r nichts entnommen werden.
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Die Grenzregelung in Art. 3 des Moskauer Vertrages bezieht sich auf die territoriale Integrit�t und die gegenw�rtigen Grenzen aller Staaten in Europa einschlie�lich der dort als Westgrenze Polens bezeichneten Oder-Nei�e-Linie, w�hrend die Grenzregelung nach Art. I des Warschauer Vertrages nur die Grenzen Polens und der Bundesrepublik Deutschland betrifft.
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Nach Auffassung der Bundesregierung handelt es sich bei diesen Grenzregelungen um eine Konkretisierung des Gewaltverzichts. Von den Vertragspartnern werde daher nur das Unterlassen von Ma�nahmen geschuldet, die auf eine gewaltsame Ver�nderung der in den Vertr�gen bezeichneten Grenzen gerichtet seien. Hierzu weist die Bundesregierung auf die besondere politische Natur der Vertr�ge hin, die es ausschlie�e, �ber die in den Vertr�gen begr�ndeten Verhaltenspflichten der beteiligten Staaten hinaus Rechtswirkungen f�r Einzelne anzunehmen.
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Selbst wenn man aber die vertraglich vereinbarte gegenseitige ![]() ![]() | 103 |
Da� der Wille der Bundesrepublik Deutschland nicht auf eine solche �nderung gerichtet war, ergibt sich bereits aus den Erkl�rungen, welche die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Ostvertr�gen gegen�ber ihren Vertragspartnern abgegeben hat. F�r die Staatsangeh�rigkeitsfrage ist die in dem Abschlu�kommunique der Bundesregierung zum Warschauer Vertrag enthaltene Erkl�rung des damaligen Bundesministers des Ausw�rtigen besonders wichtig. Dort hei�t es:
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"Wir haben bei Abschlu� der Verhandlungen ferner betont, da� durch den Vertrag niemandem Rechte verlorengehen, die ihm nach unseren geltenden Gesetzen zustehen, z. B. Staatsangeh�rigkeit" (a.a.O., S. 1819).
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Die Bundesregierung ging �berdies bei Abschlu� der Ostvertr�ge in einer f�r die Vertragspartner erkennbaren Weise davon aus, da� sie nicht befugt gewesen sei, eine f�r den Verlust der deutschen Staatsangeh�rigkeit erhebliche Verf�gung �ber den rechtlichen Status Deutschlands im Sinne einer friedensvertraglichen Regelung zu treffen. Sie hat sich dabei auf die Gesamtverantwortung bezogen, welche die Vier M�chte f�r Deutschland als Ganzes tragen. Diese Gesamtverantwortung der Vier M�chte ist zuletzt in dem Abkommen �ber Berlin vom 3. September 1971 erneut best�tigt worden. Die drei Westm�chte haben auf diese gemeinsame Verantwortung auch in ihren Noten zum Moskauer und Warschauer Vertrag hingewiesen.
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"nur f�r sich selbst sprechen kann, da� bilaterale Vereinbarungen zwischen ihr und der Volksrepublik Polen eine Friedensregelung f�r ganz Deutschland nicht ersetzen k�nnen und da� die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier M�chte f�r Deutschland als Ganzes unver�ndert fortbestehen. Zur weiteren Klarstellung dieses Standpunktes dient ein Notenwechsel, den die Bundesregierung mit den Regierungen der drei westlichen Alliierten im Zusammenhang mit diesem Vertrag zwischen seiner Paraphierung und seiner Unterzeichnung am 19. November 1970 vollzogen hat. Dieser Notenwechsel zum Vertrag ist im polnischen Au�enministerium am 20. November durch den Leiter unserer Handelsvertretung in Warschau �bergeben worden" (a.a.O., S. 1818).
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Der Wille der Bundesrepublik, bei den Grenzregelungen der Vertr�ge von Moskau und Warschau nicht �ber den territorialen Status Deutschlands zu verf�gen, war auch f�r die Vertragspartner erkennbar und hat sogar seinen Niederschlag in den Vertr�gen selbst gefunden. Nach Art. 4 des Moskauer Vertrages bleiben die von den Vertragspartnern fr�her abgeschlossenen zweiseitigen und mehrseitigen Vertr�ge und Vereinbarungen unber�hrt. Hierzu geh�ren auch die Abkommen, aus denen sich die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier M�chte in bezug auf Deutschland als Ganzes ergeben. Die drei Westm�chte haben ![]() ![]() | 109 |
In �hnlicher Weise ist beim Warschauer Vertrag verfahren worden: Auch nach Art. IV dieses Vertrages bleiben internationale Vertr�ge, welche die Bundesrepublik und Polen vorher geschlossen hatten, unber�hrt. Hierzu geh�rt auf seiten der Bundesrepublik der Deutschlandvertrag (BGBl. 1955 II S. 301, 305), dessen Art. 2 Satz 1 einen Vorbehalt zugunsten der Westm�chte in bezug auf Deutschland als Ganzes einschlie�lich einer friedensvertraglichen Regelung enth�lt.
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Demgem�� f�hrt die Denkschrift der Bundesregierung zum Moskauer Vertrag aus:
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"Da eine friedensvertragliche Regelung noch aussteht, sind die beiden vertragschlie�enden Parteien davon ausgegangen, da� der Vertrag die Rechte und Verantwortlichkeiten der Franz�sischen Republik, des Vereinigten K�nigreichs Gro�britannien und Nordirland, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Vereinigten Staaten von Amerika nicht ber�hrt. Die sowjetische Seite hat sich w�hrend der Verhandlungen ausdr�cklich damit einverstanden erkl�rt, da� die Bundesregierung den drei Alliierten eine sowjetische Erkl�rung �bermittelt, wonach die Frage dieser Rechte nicht ber�hrt wird" (BTDrucks. VI/3156 S. 12).
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�hnlich hei�t es im Kommunique der Bundesregierung zum Warschauer Vertrag:
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"Die Bundesregierung hat in den Verhandlungen ferner klargestellt, da� sie nur im Namen der Bundesrepublik Deutschland handeln kann ... Ein wiedervereinigtes Deutschland kann also durch den Vertrag nicht gebunden werden ... Wir messen der formellen ![]() ![]() | 114 |
Nach alledem haben die Vertragspartner die Bundesrepublik Deutschland nicht f�r befugt halten k�nnen, Verf�gungen zu treffen, die eine friedensvertragliche Regelung vorwegnehmen. Daher k�nnen die Vertr�ge von Moskau und Warschau keine Rechtswirkungen zu Lasten Einzelner erzeugt haben, wie sie sich in bezug auf die Staatsangeh�rigkeit als v�lkerrechtliche Konsequenz aus einer friedensvertraglichen Regelung ergeben k�nnten.
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c) Da sonach die Bundesrepublik Deutschland rechtlich nicht gehindert, nach deutschem Verfassungsrecht aber sogar verpflichtet (vgl. dazu BVerfGE 36, 1 [30 f.]) ist, die aus den Ostgebieten stammenden deutschen Staatsangeh�rigen weiterhin als solche zu behandeln, ist gew�hrleistet, da� ihnen der volle Gerichtsschutz und die grundrechtlichen Garantien im Geltungsbereich des Grundgesetzes verbleiben. Wenn solche Personen nicht in der Lage sind, den sich aus ihrer Staatsangeh�rigkeit ergebenden Schutz in Anspruch zu nehmen, weil sie in den Gebieten �stlich von Oder und Nei�e leben, so beruht dies nicht auf den Ostvertr�gen. Die hiervon Betroffenen befanden sich schon vor deren Inkrafttreten in der gleichen Lage.
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3. Die Beschwerdef�hrer zu 4) bis 7) sind durch den Warschauer Vertrag nicht in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG betroffen.
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Wie bereits dargelegt, haben die Beschwerdef�hrer durch den Vertrag nicht ihre bisherige deutsche Staatsangeh�rigkeit verloren. Dar�ber hinaus enth�lt der Vertrag auch nichts, was ihr Recht schm�lern k�nnte, von den Organen der Bundesrepublik zu verlangen, da� diese gegen�ber einem ausl�ndischen Staat auf die Zusammenf�hrung ihrer getrennten Familien hinwirken. Sich hierf�r einzusetzen, ist der Bundesrepublik nach Vertragsschlu� ebensowenig verwehrt wie vorher. Aus dem Text des Vertrages ergibt sich nichts Gegenteiliges. F�r seine Auslegung ist auch hier die bereits erw�hnte Erkl�rung des Bundesministers des Ausw�r ![]() ![]() | 118 |
Die Erkl�rung des Bundesministers des Ausw�rtigen ist allerdings eine einseitige Erkl�rung der deutschen Seite. Die polnische Seite hat sich aber bei den Verhandlungen �ber den Hintergrund und die rechtliche Bedeutung der Erkl�rung vergewissern wollen. Sie hat von der deutschen Seite dementsprechende Erl�uterungen erhalten und diese widerspruchslos hingenommen (vgl. C. Arndt, Die Vertr�ge von Moskau und Warschau, S. 187). Inhalt und Tragweite der Erkl�rung waren der polnischen Regierung daher bewu�t und haben bei ihr keinen Widerstand ausgel�st. Unter diesen Umst�nden konnte die deutsche Seite davon ausgehen, da� die Erkl�rung von der polnischen Seite akzeptiert worden ist.
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Einen wichtigen Hinweis daf�r, da� es sich bei der Erkl�rung um ein f�r die Auslegung des Warschauer Vertrages erhebliches Vertragsinstrument (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der Wiener Vertragsrechtskonvention) handelt, liefert auch das Informationsschreiben, das die polnische Regierung im Zusammenhang mit dem Abschlu� des Warschauer Vertrages der deutschen Seite �berreicht hat. In diesem Schreiben hei�t es:
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"In Polen ist bis heute aus verschiedenen Gr�nden (z. B. enge Bindung an den Geburtsort) eine gewisse Zahl von Personen mit unbestreitbarer deutscher Volkszugeh�rigkeit und von Personen aus gemischten Familien zur�ckgeblieben, bei denen im Laufe der vergangenen Jahre das Gef�hl dieser Zugeh�rigkeit dominiert hat. Die polnische Regierung steht weiterhin auf dem Standpunkt, da� Personen, die auf Grund ihrer unbestreitbaren deutschen Volkszugeh�rigkeit in einen der beiden deutschen Staaten auszureisen w�nschen, dies unter Beachtung der in Polen geltenden Gesetze und Rechtsvorschriften tun k�nnen.
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Ferner werden die Lage von gemischten Familien und getrennten Familien sowie solche F�lle polnischer Staatsangeh�riger ber�cksichtigt werden, die entweder infolge ihrer ver�nderten Familienver ![]() ![]() | 122 |
Wenn die polnische Regierung schon von sich aus in dem Informationsschreiben ihre Absicht bekundet, Familienzusammenf�hrungen aus humanit�ren Gr�nden zu erleichtern, so spricht dies daf�r, da� der Vertrag der Bundesrepublik darauf gerichtete Bem�hungen jedenfalls nicht verwehren wollte. Dieser Zusammenhang wird auch dadurch gekennzeichnet, da� das Informationsschreiben hinsichtlich dieser Bem�hungen weitere Zusicherungen enth�lt, die sich auf das Verfahren der Zusammenarbeit mit deutschen Stellen beziehen. Diese Zusammenarbeit wiederum wird erleichtert durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, die eine Folge des Vertragsschlusses ist.
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IV. | � |
Da nach alledem die Ostvertr�ge weder unmittelbare Verhaltenspflichten Einzelner begr�nden noch grundrechtlich gesch�tzte individuelle Rechtspositionen in anderer Weise unmittelbar verschlechtern, k�nnten die Beschwerdef�hrer allenfalls durch ein im Zusammenhang mit dem Vertragsschlu� stehendes Unterlassen des Gesetzgebers in ihren Grundrechten betroffen sein. Insofern machen sie geltend, die Bundesrepublik habe ihnen gegen�ber ihre Schutzpflicht verletzt; denn ihre Organe h�tten es vers�umt, den Abschlu� der Vertr�ge zum Anla� zu nehmen, in bezug auf Verm�gensrechte, Staatsangeh�rigkeit und Familienzusammenf�hrung m�gliche und verfassungsrechtlich gebotene Verbesserungen durchzusetzen. Auch insoweit sind die Verfassungsbeschwerden jedoch unzul�ssig.
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Den Organen der Bundesrepublik obliegt von Verfassungs wegen die Pflicht zum Schutz deutscher Staatsangeh�riger und ihrer Interessen gegen�ber fremden Staaten. Wird diese Pflicht vers�umt, kann dies objektiv eine Verfassungsverletzung darstellen. Die Anerkennung einer solchen verfassungsrechtlichen ![]() ![]() | 125 |
Gegenstand der Verfassungsbeschwerden ist nicht die angebliche Verletzung der Schutzpflicht durch eine Dienststelle der Bundesrepublik Deutschland in einem konkreten Einzelfall im Ausland; vielmehr wenden sich die Beschwerdef�hrer gegen Zustimmungsgesetze zu v�lkerrechtlichen Vertr�gen mit einem allgemeinen politischen Regelungsinhalt. Im Hinblick auf derartige Vertr�ge ist von vornherein zu ber�cksichtigen, da� im au�enpolitischen Bereich der Bundesregierung wie allen anderen zu politischem Handeln berufenen Stellen allgemein ein breiter Raum politischen Ermessens zusteht und da� namentlich bei internationalen Vertragsverhandlungen der Kreis der m�glichen Verhandlungsergebnisse sich auf das dem Verhandlungspartner gegen�ber politisch Erreichbare verengt. Deshalb kann eine Verfassungsbeschwerde nicht als zul�ssig angesehen werden, die gegen�ber einem solchen Vertrag die verfassungsgerichtliche Feststellung erstrebt, da� eine bestimmte sachliche Regelung zugunsten des Beschwerdef�hrers bei den Vertragsverhandlungen h�tte erreicht werden m�ssen und da� im Abschlu� des Vertrages ohne diese Regelung ein Verfassungsversto� zu sehen sei, der die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages zur Folge h�tte. So weit kann die Abwehrfunktion der Verfassungsbeschwerde nicht gehen; die Interessen eines Einzelnen oder einer Gruppe w�rden dem politischen Gesamtinteresse des Staates, das die Bundesregierung zu wahren hat, in unangemessener Weise vorgeordnet, wenn die Verfassungsbeschwerde dazu benutzt werden k�nnte, statt effektive Beeintr�chtigungen grundrechtlicher Positionen Einzelner zu beseitigen, erw�nschte Verbesserungen dieser Positionen zu erzwingen. Auf der anderen Seite w�rde das Bundesverfassungsgericht, wenn es solche Feststellungen tr�fe, sich in einem Bereich bewegen, in dem den Tr�gern der ausw�rtigen Gewalt eine Bewegungsfreiheit vorbehalten bleiben mu�, deren Nutzung legi ![]() ![]() | 126 |
Dr. Benda, Ritterspach, Dr. Haager, Rupp-v. Br�nneck, Dr. B�hmer, Dr. Faller, Dr. Brox, Dr. Simon![]() | � |
� 1994-2009 Deutsches Fallrecht (DFR). | � |