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Gabriel fordert Obergrenze für Flüchtlinge

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SPD-.Chef Sigmar Gabriel (links) im ZDF-Sommerinterview mit Thomas Walde.
SPD-.Chef Sigmar Gabriel (links) im ZDF-Sommerinterview mit Thomas Walde. © ZDF/ KS-Fotografie/Karsten Socher

Sigmar Gabriel distanziert sich in der Flüchtlingspolitik deutlich von Kanzlerin Merkel (CDU) und fordert eine Obergrenze. Merkel pocht dagegen auf die gesamteuropäische Solidarität.

Deutlich wie noch nie setzt sich SPD-Chef Sigmar Gabriel von der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel ab. Im Sommerinterview des ZDF warf der Vizekanzler der Kanzlerin von der CDU vor, sie habe die Herausforderungen der Integration von  Migranten und Flüchtlingen unterschätzt. Gabriel verlangte, eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen festzulegen. CSU-Chef  Horst Seehofer hatte diese Forderung schon vor rund einem Jahr erhoben und damit unionsintern einen Konflikt ausgelöst, der bis heute nicht beigelegt ist. 

 „Wir haben immer gesagt, es ist undenkbar, dass Deutschland jedes Jahr eine Million Menschen aufnimmt“, sagte Gabriel. Es reiche nicht, ständig zu sagen: „Wir schaffen das.“ Man müsse auch die Voraussetzungen dafür schaffen. Das habe die CDU/CSU immer blockiert, erklärte der Vizekanzler.

Ein Jahr ist es her, dass Merkel mit den drei Worten „Wir schaffen das“ das vielleicht berühmteste Zitat ihrer Kanzlerschaft prägte. Bis heute hält sie eisern an dieser Aussage fest. Doch die große Mehrheit der Deutschen stellt sich inzwischen gegen ihre Flüchtlingspolitik. Jeder Zweite will nach jüngsten Umfragen nicht, dass Merkel sich 2017 um eine vierte Amtszeit bewirbt. Das färbt nun auch auf den Koalitionspartner SPD ab. Der Wahlkampf hat längst begonnen.

Kürzlich erst sagte Gabriel dieser Zeitung, dass man Merkels Satz nicht ständig wiederholen dürfe.  „Er löst ja kein einziges Problem. Natürlich sind Fehler gemacht worden: So ist unglaublich viel Zeit verstrichen, bis wir die CDU/CSU davon überzeugen konnten, die Voraussetzungen für die möglichst konfliktfreie Aufnahme dieser großen Zahl von Flüchtlingen zu schaffen.“

Auch beim alljährlichen Tag der offenen Tür im Berliner Regierungsviertel am Sonntag kam Gabriel wieder auf die Obergrenzen zu sprechen. Das Asylrecht kenne zwar keine Obergrenzen, aber es gebe eine Obergrenze für die Integrationsfähigkeit von Ländern, sagte er in der Bundespressekonferenz, in der er sich diesmal den Fragen von Besuchern statt von Journalisten stellte. „Wir haben zu spät angefangen, über Kontingentfragen zu reden“, sagte der SPD-Chef.  „Wir müssen es schaffen –  aber wir dürfen auch nicht vergessen, was das für eine Anstrengung ist.“

Merkel sagte am Sonntagabend im ARD-Sommerinterview in der Sendung „Bericht aus Berlin“, dass Deutschland heute ganz anders dastehe, als dies noch vor einem Jahr der Fall gewesen sei. Es gebe nun „Tausende neue Mitarbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ und auch ein Integrationsgesetz auf Bundesebene.  „Wir haben auch härtere Regeln gemacht, für die die keine Bleibeperspektive haben“, sagte Merkel.  Es sei „Geld in die Hand genommen“ und vieles „sehr, sehr schnell beschlossen“ worden, betonte die Kanzlerin.  Auf die Frage ob sie sich Quotensystem wie es Gabriel gefordert hatte, vorstellen könne, pochte Merkel auf die gesamteuropäische Solidarität: „Ich glaube, dass wir eine gemeinsame Lösung finden müssen und dass jeder seinen Anteil zu dem gesamten Thema leisten muss.  Wie die einzelnen Komponenten gewichtet werden, muss man sehen.“

Die Zahl von „jedes Jahr eine Million Menschen“, von der Gabriel im ZDF-Interview sprach, wird zumindest in diesem Jahr mit ziemlicher Sicherheit nicht  erreicht werden. Frank-Jürgen Weise, Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), sagte der Zeitung Bild am Sonntag, seine Behörde stelle sich auf 250?000 bis 300?000 Flüchtlinge in diesem Jahr ein. „Wenn mehr Menschen kommen, kommen wir unter Druck.“

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