Ausgangspunkt waren die Aktionen der Letzten Generation, die irgendwann Kunstwerke in Museen angegriffen haben. Wir haben uns damals die Frage gestellt, was ein Monet- oder ein Klimt-Gem�lde nun mit der Klimakrise zu tun haben soll? Selbstverst�ndlich ging es den Aktivisten ja nur um Aufmerksamkeit und den Angriff auf das Establishment, doch interessanterweise haben aber genau diese Aktionen die Kunst mit in die Klimadebatte eingebunden.
Ich bin der Meinung, dass Kunst als Teil der Debatte von gro�er Bedeutung ist, denn in der gesamten Menschheitsgeschichte hatte eine k�nstlerische Avantgarde schon immer die besseren Antennen f�r solche wichtigen sozialen und umw�lzenden Themen und besch�ftigt sich damit, lange bevor es eine breite �ffentlichkeit tut. Dieser Avantgarde wollten wir angesichts der dringenden Bedrohungslage ein Sprachrohr geben.
Doch zurzeit ist das wohl dringendste Thema in dieser Debatte, dass es der Letzten Generation zwar sehr wohl gelungen war, die Klimakrise in das Zentrum der �ffentlichen Diskussion zu r�cken. Umso tragischer ist es aber, mit welcher Leichtigkeit es Rechtspopulisten auf der ganzen Welt � angefangen von Donald Trump und Wladimir Putin bis zur AFD - gerade in den letzten Monaten gelungen ist, die Klimakrise als das wohl dringendste Thema der Menschheit aus dem �ffentlichen Fokus zu nehmen und uns wieder mit Debatten zu konfrontieren, die wir schon lange als beendet angesehen hatten.
Wie haben Sie die K�nstlerinnen und K�nstler ausgew�hlt, die in der Dokumentation zu Wort kommen? Gab es Werke oder Pers�nlichkeiten, die Sie unbedingt dabei haben wollten?
Ja, wir wollten vor allem zwei K�nstler mit an Bord haben und sind sehr gl�cklich, dass sie beide sich bereit erkl�rt haben teilzunehmen. Ich finde die Werke von Olafur Eliasson (seine Ice Watch Serie) und Sebasti�o Salgado (seine Genesis Fotoserie) sind Meilensteine der Klimakunst.
Doch auch ein K�nstler wie Tom�s Saraceno war enorm wichtig f�r die Doku. Er ist f�r mich ein bedeutender Akteur der Klimakunst und eine Stimme des Globalen S�dens, der nicht nur immer wieder wichtige Themen aufgreift, sondern gleichzeitig Aktivisten in seinem Heimatland Argentinien unterst�tzt.
Mir ging es in dem Film vor allem darum, ein breites Spektrum an Klimakunst zu zeigen und zum einen deutlich zu machen, wie unterschiedlich K�nstler mit dem Thema umgehen, aber auch zu zeigen, dass sich Kunst rund um den Globus damit besch�ftigt.
Inwiefern unterscheidet sich der k�nstlerische Umgang mit der Klimakrise im globalen S�den von dem im globalen Norden � und wie haben Sie das im Film erlebbar gemacht?
Der Umgang ist v�llig anders. Denn wie die s�damerikanische Aktivistin Maristella Svampa, es ganz klar formuliert hat: �Der Globale S�den ist f�r die Klimakrise nicht verantwortlich. Es ist ausschlie�lich der Globale Norden! Und auch genau dieser Teil der Welt wird nun f�r die Sch�den aufkommen m�ssen.� Dies ist eine sehr wahre und selbstbewusste Message, die dringend ver�ffentlicht werden muss. K�nstler der S�dlichen Hemisph�re zeigen auf, wie die Gesellschaften dort mit den katastrophalen Auswirkungen unseres Konsums konfrontiert sind, f�r die einzig und allein der industrielle Norden verantwortlich ist � ein weiteres Kapitel in der langen und traurigen Geschichte der kolonialen Ausbeutung!
Die Dokumentation �Klima Krise Kunst� stellt auch kritische Fragen an den Kunstbetrieb selbst. Wie offen haben die portr�tierten Akteurinnen und Akteure �ber ihren eigenen CO₂-Fu�abdruck gesprochen?
Die Kunsthalle Mannheim war hier sehr hilfreich und die Kuratoren der 1,5 Grad Ausstellung haben offen und anschaulich �ber den eigenen Lernprozess gesprochen, wie in Zukunft Ausstellungen gemacht werden m�ssen. Wie der Museumsdirektor Johan Holten es klar im Film formuliert: �Museen werden in Zukunft nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein CO2 Budget haben, mit dem Kunst-Ausstellungen realisiert werden.� Auch hier f�hlen sich Museen dem bereits oben genannten Avantgarde-Anspruch der Kunst verpflichtet.
Der Berliner Klimak�nstler Andreas Greiner bringt seine Selbstkritik im Film auf den Punkt. Er besch�ftigt sich seit Jahren intensiv mit Klimakunst und KI. Dabei hat er feststellen m�ssen, dass er damit so derartig viel und genau den Strom verbraucht hat, gegen den er im Hambacher Forst demonstriert hat.
Wie sind Sie mit dem Spannungsverh�ltnis umgegangen, dass auch Ihre eigene Filmproduktion Ressourcen verbraucht, w�hrend Sie �ber nachhaltiges Handeln sprechen?
Wir hatten es uns zur Aufgabe gemacht, den Film so klimaneutral wie m�glich zu produzieren und haben daf�r auch das �Green Producing� Lable erhalten.
Dem war eine lange Debatte in unserer deutsch-�sterreichischen Ko-Produktion vorausgegangen, weil wir erfahren mussten, dass im Grunde s�mtliche Filmfinanzierungsmechanismen und Produktionsbedingungen gegen klimaneutrale Filmproduktion laufen. Da haben wir, �hnlich wie die Kunsthalle Mannheim mit der Klimakunst-Ausstellung, umlernen m�ssen und wir haben realisiert, die Filmindustrie hat noch einen langen Weg vor sich, um auf nachhaltige Weise zu arbeiten.
Was war f�r Sie pers�nlich der eindr�cklichste Moment w�hrend der Dreharbeiten � sei es ein Kunstwerk, eine Begegnung oder eine Aussage?
Mich hat die Zuversicht von Sebasti�o Salgado zutiefst ber�hrt. Dieser Mann hat mit seiner Frau drei Millionen B�ume in Brasilien gepflanzt und ein Wissenschaftszentrum f�r die Rekultivierung von tropischen W�ldern geschaffen. Das Ehepaar Salgado hat damit bewiesen, dass Ver�nderungen und eine nachhaltige Lebensweise m�glich sind. Diese Erkenntnis hat Salgado auf atemberaubende Weise in seiner Genesis Fotoserie dann k�nstlerisch umgesetzt.
Ein anderes Thema war das 7000 Eichenprojekt von Joseph Beuys. Wenn man sich die Archivaufnahmen von 1982 im Film anschaut, kann man mit einigem Staunen feststellen, dass Beuys damals schon Dinge klar formuliert hat, die wir jetzt erst, also 40 Jahre sp�ter wirklich begreifen. Beeindruckend!
Wie haben Sie Sebasti�o Salgado erlebt?
Eine so charismatische Pers�nlichkeit wie Sebasti�o Salgado zu interviewen, ist schon etwas Besonderes und hat mich nachhaltig ber�hrt, vor allem, wenn man das Lebenswerk dieses Fotografen und Klimaaktivisten betrachtet. Umso mehr hat es mich getroffen, zu erfahren, dass Salgado am vergangenen Freitag verstorben ist. Ich f�hle mich sehr geehrt, mit ihm wohl eines seiner letzten Interviews gef�hrt haben zu d�rfen.
Der Film zeigt Kunst als Mittel des Widerstands, aber auch der Ohnmacht. Wo verorten Sie selbst die gr��te Kraft der Kunst im Kampf gegen die Klimakrise?
Da m�chte ich Olafur Eliasson zitieren. Er sagt, �Kunst kann Dinge artikulieren, die man mit anderen Mitteln nicht ausdr�cken kann�. Kunst spricht uns auf eine andere Art an und erreicht uns auf emotionale Weise. Darin liegt die Kraft der Kunst, Menschen nachhaltig zu ber�hren. Und wie es Johan Rockstr�m, der Direktor des Potsdamer Instituts f�r Klimafolgenforschung so richtig im Film formuliert, Klima Wissenschaftler brauchen genau dieses Potential der Kunst, um die Menschen zu erreichen, damit sich endlich etwas �ndert.
Wie sch�tzen Sie die Rolle von Kunstmessen oder Biennalen ein � sind sie Teil des Problems oder k�nnen sie Teil der L�sung sein?
Das K�nstlerduo Claire Fontaine, das wir im Film portraitieren, hat sich genau mit dieser Thematik befasst. Ihre k�nstlerische Arbeit widmet sich der Tatsache, die Klimakrise als Teil der Globalisierung und des ungez�gelten Kapitalismus zu entlarven.
Sie sind gro�e Kritiker von Kunstevents wie der Biennale von Venedig, die aber letztes Jahr genau den Titel des Kunstwerks von Claire Fontaine �Foreigners Everywhere� zum generalen Motto der gesamten Kunstschau gemacht hat.
Claire Fontaine berichten im Film, dass sie den Beschluss gefasst hatten, die gro�e �ffentlichkeit der Venedig Biennale zu nutzen, um ihre Klima- und Kapitalismuskritik zu platzieren. W�rden Sie zu Hause bleiben, w�re ihr CO2 Fu�abdruck zwar kleiner, doch es ist wichtiger die Menschen mit dieser Thematik zu konfrontieren.
Was hat Sie an den wissenschaftlichen Einsch�tzungen von Johan Rockstr�m und Eva Horn besonders �berrascht oder inspiriert?
Eva Horn hat uns aufgefordert, uns wieder mit der Natur in Beziehung zu setzen, unsere Umgebung zu sp�ren und mitzubekommen, wie sich die Natur rasant und drastisch ver�ndert und das nicht zum Guten. Eva Horn kritisiert, dass wir in der westlichen Welt nichts mehr sp�ren � wir sind abgestumpft und k�nnen so den Klimawandel noch nicht einmal bemerken, obwohl wir tagt�glich damit konfrontiert sind.
Welche Reaktionen erhoffen Sie sich vom Publikum? Soll die Doku wachr�tteln, informieren � oder eher zur Selbstreflexion einladen?
Die Klimaexperten warnen uns seit Jahren, dass wir nur noch weniger als zehn Jahre haben, bevor das Weltklima irreparablen Schaden nimmt. Ich hoffe, dass mein Film einen Beitrag leistet, Menschen wachzur�tteln und gleichzeitig zu bemerken, in welcher Form uns rechtspopulistische Str�mungen auf der ganzen Welt momentan davon abhalten gemeinsam als Menschheit Verantwortung zu �bernehmen und etwas f�r den Erhalt dieses Planeten zu tun. Wie Johan Rockstr�m es im Film so sch�n sagt: �Wir stehen vor der Entscheidung, entweder wir tun alle gemeinsam jetzt etwas und gewinnen oder wir werden untergehen � auch gemeinsam.�
Danke f�r den Einblick!
�Klima Krise Kunst� ist bereits in der arte Mediathek abrufbar. Die Fernsehausstrahlung ist am Samstag, den 31. Mai, um 22.40 Uhr.
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