K�nig Nala's Fr�hlings-Hofhalt

(Aus dem �Nalodaja�.)


1.

So ward nun einzige Lust zuteil

In seinem Hause Nala dem Erk�mpfer

Des einzigen geliebten Weibs,

Dem herrlichen Feind�bermutesd�mpfer.


2.

Als ein Kraftmeer strahlt der K�nig,

Und sie schimmert wonnefeucht;

Und der Fr�hling kranicht�nig

Zieht nun auf mit Lustgeleucht.


3.

Die wie vor Scham am Grund sich barg,

Die Wasserlilie richtet auf der Morgen

Mit reis�hrblanker Strahlenhand,

Darum sind nun die Bienen ohne Sorgen.


4.

Das Gefilde vom Kr�chzen der Kraniche t�nt,

Da bekr�nt sich mit Gr�n der Geranienstrauch;

Das Gew�sser, von reinen Nymph�en versch�nt,

Zu bezaubern, o wen denn vermag es nicht auch?
[58]

5.

Aus Winterschnee-Eismassen brach

Hervor die �berm�chtige Macht der Sonne;

Vor ihr und vor'm Glutschlangenpfeil

Des Kama flieht der Held ins Haus der Wonne.


6.

Von Kamas Nadel, die das Herz

Der Welt durchbohrt, brach auf die Tschampakbl�te;

Sie hegte solche Pein, wie hegt

Getrennter Gatten sehnendes Gem�te.


7.

Am d�nn und hochbelaubten Zweig

Quoll die Palasabl�te blutger�tet,

Dem Fleische gleich des Wandrers, den

Voll Gier der schn�de D�mon Kama t�tet.


8.

Brunstschrei heben, von des Lenzes Kraft durchgoren,

Jetzt die m�chtigen Elefanten;

Ihre Z�hne, Mondessicheln gleich, durchbohren

Jeden jetzt vom Wein verbannten.


9.

Wer einem holden Weibe nun

Schmerzbringend, seine eigne Lust verst�ret,

Verzweifelt wenn wie Vorw�rf' er

Im Bl�tenstrauch die Bienen summen h�ret.
[59]

10.

Nun zu Kamas Kampfplatz schm�ckt sich

Das Gefild, wo Kranich t�nt;

Seiner hohen Herrschaft b�ckt sich

Alles was nach Liebe st�hnt.


11.

�Vom Fr�hling angeregt, wie kann

Ein Mann, der liebt, nun leben fern vom Weibe?�

Denkt eine Sch�n' und nippet Wein;

Was tut man nicht, da� man den Gram vertreibe!


12.

Wo den Liebsten nun die Sch�ne

Spr�de weidet, horch, ihr grollt

Kokila, der seine T�ne

Liebeszornig gurgelnd rollt.


13.

Der k�hle Mond strahlt Glanz und Reif,

Das Lied des Kokila macht Amras reifen.

Tr�gt nicht der Pfau im Tanz den Schweif?

Und l��t er rings nicht seine Rufe schweifen?


14.

Wer tr�gt zur Zeit, wo Mangos bl�hn,

Der Trennung Schmerz? und welches Weib gedenket

Beim lieben Freund des W�rtleins nun,

Das an mit Ha hebt und mit der sich senket?
[60]

15.

In Kamas Dienste schw�rmt von Baum

Zu Baum ein Schwarm liebschw�rmerischer Immen,

Nippt S��es und gibt s��en Ton,

Davon des Lenzes S��en frisch erglimmen.


16.

Zu seinem stolzen Herzgespiel

Sucht nun den Weg ein Liebender, verwirrt

Vom Fr�hlingshimmel, der umw�lkt

Vom regen Bienenschwarmgewimmel schwirrt.


17.

Wer irgend nun gehet vom Hause der Braut,

Und hat nicht ein stilles Verlangen gestillt;

Es wird ihm, von grauser Umnachtung umgraut,

Begegnen ein Gegner, der Tod, der ihm gilt.


18.

Die T�rin, die statt zu dem Freunde zu gehn,

Nun schmollend beim Flechten von Kr�nzen verweilt,

Wird, von ihm geschieden, bestrafet sich sehn,

Mit Reueverstummung vom Himmel ereilt.


19.

�Weit schaust du mit bl�henden Augen im Raum,

O Baum auf der H�h', den kein Kummer befiel!

Erblickst du den Liebsten, so sag' ihm, o Baum:

Hier spielet im bl�henden Lenz dein Gespiel.�
[61]

20.

So zum Baume tretend sprach sie,

Der zur�ck ihr gab kein Wort;

Nur der Liebe Schlange stach sie,

Nicht den Liebsten fand sie dort.


21.

Welch reizend Weib ertr�gt den Gott,

Der Blumenpfeile schie�t und wohnt in Herzen?

Am Tage, wo den Fr�hling f�hlt

Die Bien' und summet ihre Liebesschmerzen!


22.

Er, dessen Feinde Toren sind,

F�rst Nala, frauenliebeslustgegattet,

Vom Liebesgott gekettet, geht

Zum Garten, von Mandaren �berschattet.


23.

Ihm, dem ruhmreich hochgewichtigen,

Lacht die Gattin mild und rein,

Ihm, dem mondgleich-angesichtigen

Im gleichparadiesigen Hain.


24.

�O kehr hieher den hellen Blick!�

So ruft den gartenwallenden Frau'ngestalten

Je Freund und Freund, den spangenreich

Geschm�ckten, deren F�lle schwoll in Falten.
[62]

25.

Dort die gekr�nkte Stolze will

Nicht gehn in bl�tenbaumbewachsnen Gr�nden;

Jedoch f�r reiche Blumenspend'

Empf�ngt der Freund Vergebung seiner S�nden.


Eine Vermittlerin spricht:


26.

�Gepriesene Sch�nheit, o Kind, dir sei kund,

Wie zehrend dein leichterer Zorn auf ihm liegt.

Soll hier sein verbleichender bl�hender Mund

Verhauchen den Geist, dir zu F��en geschmiegt?


27.

O komm, eh des Fr�hlings fr�hliche Frucht

Die Frische verlieret, o komme du jetzt

Zum Garten, und K�stliches kost' auf der Flucht!

Im Lenze zuletzt sich zu letzen, verletzt.�


28.

Der listigen Lockerin lauschte mit Lust,

Die Stirn von gel�stem Gelocke geschw�rzt,

Das M�dchen, und suchte mit klopfender Brust

Den Freund, der nun fr�hlich im Gr�nen sie herzt.


29.

�Am Rand des Weihers still und hell,

Mit Bl�tensaugern und mit ruhenden Kran'chen,

Was soll dein Stolz?� – so zog ein Freund

Die Liebste nach mit Schmeichelw�rtchen manchen.
[63]

30.

Am Baume stand ein andres Weib

Und wollte pfl�cken seine roten Bl�ten;

Die roten Bl�ten wurden bla�,

Als ihres L�chelns wei�e Lichter spr�hten.


31.

Zum Bassin tritt eine Schlanke,

Das des Baumes Fu� benetzt;

Selbst wie eine Schlingbl�tranke

Schlingt sie um den Baum sich jetzt.


32.

Vom Wuchs der Rankgew�chs' umrankt,

Ward lange nicht vom Freund erkannt die Sch�ne,

Bis sie verriet der Freundinnen

Gel�chter und der Bienen Lustget�ne.


33.

Zur Heilung ihres kranken Aug's,

Das Bl�tenstaub getr�bt im Aufw�rtsblicken,

Stellt eine nah vor'm Freund sich hin,

Mit Antlitzstreifung schlau ihn zu bestricken.


34.

Zwar schuldbewu�t, wei� jener sich

Der Unschuld Schein durch Redekunst zu geben;

Und sie, die Gute, z�rnet ihm

Nicht l�nger, den sie liebt als wie ihr Leben.
[64]

35.

Ein andrer macht von Schuld sich frei,

Da er in Staunen wandelt das Erbosen

Der Sch�nen, wie er so gewandt

Den Fr�hlingswald beschreibt ohn' anzusto�en.


36.

Von der stolzen Glanzgeschm�ckten,

Die er ewig lieben mu�,

Wird zuteil dem Hingeb�ckten

Auf das Haupt der Tritt vom Fu�.


37.

Fraun, die sch�nstes Haus bewohnen,

Lockt es nun zur Flur hinaus,

Wo hoch in Tamalakronen

Weht Malajal�ftesaus.


38.

Die M�nner frohlustwandelnd so

Mit jenen durch des Haines Bl�tenprangen,

Nun mit den Sch�nen kamen sie

Zum lotos�berbl�hten Teich gegangen.


39.

�Was gehst du hin zum Teich, o du

Mein Himmelshulden-Nektarmeer-Gestade!�

Rief Nala, der verliebte F�rst,

Und folgt zum Teiche Damajantis Pfade.
[65]

40.

Des Edlen Sinn gefangen nahm

Der reine Glanz am ungetr�bten Weiher,

Dazu die laute Wasserschar,

Schwan, M�we, Kranich, Pelikan und Reiher.


41.

�Was ist da f�r Gefahr am Rand

Der schmalen leicht bewegten Flut zu kosen?

Was zittern scheue Kinder so,

Zu nah'n dem Wasser hier, dem walfischlosen?�


42.

Weggeflogen ist die Biene

Vom Nymph�en-D�ftestaub,

Weil sie bl�hende Frauenmiene

L�stern macht nach s��erem Raub.


43.

Vom Nalafrauenchorgeleit,

Dem lustergl�hten, spielend umgewendet,

Hat mancher stille Lotosbusch

Verst�rtes Bienensummen ausgesendet.


44.

Eingetaucht im Flutenglanze,

�berfallt die zarten Frau'n

Vor des Sees vom Lotostanze

Angeregter Well' ein Graun.
[66]

45.

Alsdann aus schaumbekr�nter Flut,

Wie G�ttinnen aus sternbekr�nztem Himmel,

Aus kranichlautdurcht�nter Flut

Ans Ufer stieg das weibliche Gewimmel.


46.

In der Reize F�lle schwankend.

Alle Bienen lockend nach,

Hell wie Abendsonne wankend,

Suchen sie das Wohngemach.


47.

�Gib Lieb', eh' Liebe stirbt mit mir!

Krank macht mich Lieb' am Leben und am Leibe!�

So trat ins liebgeweihte Haus,

Ins himmelgleiche, Nala mit dem Weibe.


48.

Die Sonne war zum Abendrot

Gelangt, dem Lotos war sein Glanz entwichen;

Zur Diebin ward sie offenbar

An ihm, den ihre Strahlenhand beschlichen.


49.

All von wannen, all von wannen

Wonn'ges Sonngefunkel wich,

All von dannen, all von dannen

Dehnte d�stres Dunkel sich.
[67]

50.

Nun hat den Sonnenuntergang

Gebracht der Abend, Vogelsang verbreitend,

Den Himmel wie ein Baldachin

Bestirnend, und den Herden Ruh bereitend.


51.

Nun ergl�nzt die Luft vom Strahle

Dessen, der dem Meer entsteigt,

Und sich gleich der Silberschale

Zum Spendopfer Kama's zeigt.


52.

Ihn, der mit dunklen Flecken schm�ckt

Sein Antlitz – welches Weib, vom Freund getrennet,

Vermag ihn anzusehn, den Mond,

Der Nacht f�r Nacht verliebte Wandrer brennet?


53.

Nun die Welt mit Glanz bedeckend,

Tr�ufelnd nachtgek�hlten Tau,

Wei�e Wasserlilien weckend,

Wacht der Mondschein auf der Au.


54.

Wie mit Kunst die M�nner werben

Flehentlich um Frauengunst,

Durch Erniedrungen erwerben

Sie Erwidrungen der Brunst.
[68]

55.

Die in Liebesflammen �chzten,

Alle nun mit Scherzetausch,

Wie nach Amrit G�tter lechzten,

Lechzen sie nach Trank und Rausch.


56.

Spr�de weich, die Weichen machte

Spr�de das geno�ne Na�;

Neuen Liebesglanz entfachte

Den verwirrten Scharen das.


57.

Vom s��en bien'umschw�rmten Saft,

Der Kraft hat jeden Liebansto� zu gl�tten,

Genetzt nun und geletzt entrafft

Die eil'ge Schar sich zu gew�lbten Betten.


58.

Lose Freundesh�nde l�sen

Unter mancher Nagelspur,

L�ssiges Frau'ngewand und bl��en

Lustvollschwellende Lendenflur.


59.

Den Sch�nen, deren Sch�nheitsruhm

Im meerumsch�umten Erdenrund erschollen,

Den jungen Frau'n und J�nglingen

Ist volle Lust bei Kama's Fest entquollen.
[69]

60.

Als wie im Tanz, mit Wonneausruf,

Schwoll hier die F�lle lustbewegter Glieder;

Auf Freundesbrust klang Frauenspang'

Und flo� des Haar's gel�ster Perlstrang nieder.


61.

Aber ihr, der falschelosen,

Sich in Wonne wiegenden,

Weihte Nala minn'ges Kosen,

Ihr, der Sri-besiegenden.


62.

Sie, ohne Sorgen, ohne Trug,

Begehrte sittig Nala's Lustbegehren;

Er, ihrem Willen willig, war

Bestrebt ihr hohes Freudenspiel zu mehren.


63.

So lebte, bis die Kali-Macht

Ihn traf mit unheilschweren Truggewalten,

Der K�nig froh in Gl�ckes Kraft

Der reichen Sch�tze seines Reichs zu walten.


64.

Hoher Herrschaft Hort und H�ter,

Durch der Gattin Wahl begl�ckt,

Thront er wie der Gott der G�ter,

Wie Kuwera, glanzgeschm�ckt.

Quelle:
Indische Liebeslyrik. Baden-Baden 1948, S. 58-70.
�berliefertes Epos, das h�ufig f�lschlicherweise Kalidasa zugeschrieben wird. Hier in der �bersetzung von Friedrich R�ckert.
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