Karl Marx

[Rede �ber den Haager Kongre�]

Im achtzehnten Jahrhundert hatten die K�nige und die Potentaten die Gewohnheit, in Den Haag zusammenzukommen, um �ber die Interessen ihrer Dynastien zu verhandeln.

Gerade an diesem Ort haben wir unseren Arbeitertag abhalten wollen, trotz der Besorgnisse, die man in uns wachzurufen suchte. Inmitten der reaktion�rsten Bev�lkerung haben wir erscheinen wollen, um die Existenz, die Ausbreitung und die Hoffnung auf die Zukunft unserer gro�en Assoziation zu bekr�ftigen.

Als man unseren Entschlu� erfuhr, hat man von unseren Emiss�ren gesprochen, die wir ausgeschickt, um den Boden vorzubereiten. Ja, wir leugnen es nicht, da� wir �berall solche Emiss�re haben; aber sie sind uns meistenteils unbekannt. Unsere Emiss�re in Den Haag sind jene Arbeiter gewesen, deren Arbeit so m�hselig ist, wie die unserer Emiss�re in Amsterdam; die ebenso Arbeiter sind, Arbeiter, die sechzehn Stunden t�glich arbeiten. Das sind unsere Emiss�re, wir haben keine anderen; und in allen L�ndern, wo wir uns einstellen, finden wir sie bereit, uns mit vollem Herzen zu empfangen, denn sie begreifen gar bald, da� wir die Verbesserung ihres Schicksals erstreben.

Der Kongre� in Den Haag hat drei wichtige Ergebnisse gezeitigt:

Er hat die Notwendigkeit f�r die Arbeiterklasse proklamiert, die alte, zusammenbrechende Gesellschaft auf dem politischen wie auf dem sozialen Boden zu bek�mpfen; und wir begl�ckw�nschen uns dazu, von nun an in unsere Statuten diesen Beschlu� der Londoner Konferenz aufgenommen zu sehen.[159]

In unserer Mitte hatte sich eine Gruppe gebildet, welche die Enthaltung der Arbeiter von der politischen Bet�tigung anpries.

Wir haben es f�r unsere Pflicht gehalten, zu erkl�ren, wie gef�hrlich und verh�ngnisvoll f�r unsere Sache uns solche Grunds�tze erscheinen.

Der Arbeiter mu� eines Tages die politische Gewalt ergreifen, um die neue Organisation der Arbeit aufzubauen; er mu� die alte Politik, die die alten Institutionen aufrechterh�lt, umst�rzen, wenn er nicht, wie die alten Christen, die das vernachl�ssigt und verachtet haben, des Himmelreichs auf Erden verlustig gehen will.

Aber wir haben nicht behauptet, da� die Wege, um zu diesem Ziel zu gelangen, �berall dieselben seien.

Wir wissen, da� man die Institutionen, die Sitten und die Traditionen der verschiedenen L�nder ber�cksichtigen mu�, und wir leugnen nicht, da� es L�nder gibt, wie Amerika, England, und wenn mir eure Institutionen besser bekannt w�ren, w�rde ich vielleicht noch Holland hinzuf�gen, wo die Arbeiter auf friedlichem Wege zu ihrem Ziel gelangen k�nnen. Wenn das wahr ist, m�ssen wir auch anerkennen, da� in den meisten L�ndern des Kontinents der Hebel unserer Revolutionen die Gewalt sein mu�; die Gewalt ist es, an die man eines Tages appellieren mu�, um die Herrschaft der Arbeit zu errichten.A1

Der Haager Kongre� hat dem Generalrat neue und noch ausgedehntere Befugnisse zugestanden. In der Tat, in einem Augenblick, wo sich die K�nige in Berlin versammeln, wo von dieser Zusammenkunft der m�chtigen Vertreter des Feudalismus und der Vergangenheit neue und entschiedenere Unterdr�ckungsma�regeln gegen uns ausgehen sollen, gerade in dem Augenblick, wo die Verfolgung organisiert wird, hat der Haager Kongre� es f�r angemessen und f�r notwendig gehalten, die Befugnisse des Generalrats zu erweitern und f�r den jetzt einsetzenden Kampf alle Aktionen zu zentralisieren, die in der Isolierung ohnm�chtig w�ren. Und bei wem anders k�nnten �brigens die Machtbefugnisse des Generalrats Unruhe erregen, wenn nicht bei unseren Feinden? Hat er denn eine B�rokratie, eine bewaffnete Polizei, um sich Gehorsam zu erzwingen? Ist nicht seine Autorit�t lediglich eine moralische, und unterwirft er nicht seine Beschl�sse dem Urteil der F�derationen, die mit der Ausf�hrung derselben betraut sind? Unter solchen Bedingungen, ohne Heer, ohne Polizei, ohne Gerichte, w�rden die K�nige an dem Tage, wo sie gezwungen sein w�rden, ihre Macht nur mit moralischem Einflu� und moralischer Autorit�t aufrechtzuerhalten,[160] nur schwache Hindernisse f�r das Vorw�rtsschreiten der Revolution sein.

Schlie�lich hat der Haager Kongre� den Sitz des Generalrats nach New York verlegt. Viele, selbst unter unseren Freunden, scheinen sich �ber solch einen Beschlu� gewundert zu haben. Vergessen sie denn, da� Amerika zum Arbeiter-Erdteil par excellence wird, da� allj�hrlich eine halbe Million Menschen, Arbeiter, nach diesem anderen Kontinent auswandern und da� die Internationale kr�ftige Wurzeln auf diesem Boden, wo der Arbeiter dominiert, schlagen mu�? �brigens gibt ja auch der Kongre�beschlu� dem Generalrat das Recht, sich jene Mitglieder beizuf�gen, deren Mitwirkung er f�r das Wohl der gemeinsamen Sache f�r notwendig und f�r n�tzlich h�lt. Verlassen wir uns auf seine Besonnenheit und erwarten wir, da� es ihm gelingen wird, Leute auszuw�hlen, die ihrer Aufgabe gewachsen sind und es verstehen werden, das Banner unserer Assoziation in Europa mit fester Hand aufrechtzuerhalten.

B�rger, denken wir an jenes Grundprinzip der Internationale: die Solidarit�t. Nur wenn wir dieses lebenspendende Prinzip unter s�mtlichen Arbeitern aller L�nder auf sichere Grundlagen stellen, werden wir das gro�e Endziel erreichen, das wir uns gesteckt haben. Die Umw�lzung mu� solidarisch sein, das lehrt uns das gro�e Beispiel der Pariser Kommune, dieA2 deswegen gefallen ist, weil es in allen Zentren, in Berlin, in Madrid etc. zu keinerlei gro�en revolution�ren Bewegungen gekommen war, die dieser machtvollsten Erhebung des Pariser Proletariats ebenb�rtig w�ren.

Was mich angeht, so werde ich mein Werk fortsetzen und best�ndig daran arbeiten, unter allen Arbeitern diese f�r die Zukunft so fruchtbringende Solidarit�t zu begr�nden. Nein, ich ziehe mich von der Internationale nicht zur�ck, und der ganze Rest meines Lebens wird, wie alle meine Bem�hungen der Vergangenheit, dem Triumph der sozialen Ideen geweiht sein, die einst – seid davon �berzeugt! – die Weltherrschaft des Proletariats herbeif�hren werden.[161]


Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1962, Band 18.
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