VG Gießen, Urteil vom 18.07.2022 - 9 K 1906/19.GI
Die Vorlage eines Wohngeldbescheides kann im Einzelfall die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen eines besonderen Härtefalls rechtfertigen.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 20.03.2019 und der Widerspruchsbescheid vom 27.03.2019 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen geringen Einkommens.
Der Kläger wurde in der Vergangenheit wiederholt - und zuletzt durch Bescheid vom 27.05.2014 bis zum 31.05.2017 - von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Dies geschah im Hinblick auf den Umstand, dass dem Kläger Grundsicherung für das Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel des zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs gewährt wurde. Des Weiteren bezieht der Kläger Wohngeld, das ihm mit Bescheid vom 27.02.2019 (Bl. 62 der Verwaltungsakte) für den Zeitraum vom 01.02.2019 bis zum 31.01.2020 in monatlicher Höhe von 78,00 Euro gewährt wurde und zuletzt mit Bescheid vom 26.01.2022 (Bl. 85 d.A.) in monatlicher Höhe von 96,00 Euro gewährt wird.
Der Kläger beantragte am 20.03.2019 die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht, wobei darauf verwiesen wurde, dass sich aus dem Wohngeldbescheid die Berechnung des Gesamteinkommens und daraus wiederum die Bedürftigkeit des Klägers ergebe.
Mit Bescheid vom 20.03.2019 wurde der Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Bewilligung von Wohngeld nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe, die der Gesetzgeber als Befreiungsvoraussetzung festgelegt habe. Im Gegensatz zu den in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen diene das Wohngeld nicht der Bedarfsdeckung, sondern werde als Zuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen Wohnens gewährt. Einem befreiungsberechtigten Personenkreis nach § 4 Abs. 1 RBStV sei der Kläger insoweit nicht zuzuordnen.
Mit Schreiben vom 26.03.2019 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 20.03.2019.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2019 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es gelte das Grundprinzip, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung zustehe, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft worden sei. Ein Nachweis, dass dem Kläger eine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Leistungen gewährt werde, sei nicht erbracht. Bei den in § 4 Abs. 1 RBStV angegebenen Befreiungsvoraussetzungen handele es sich um eine abschließende Aufzählung. Eine analoge Anwendung der Vorschriften auf andere, dort nicht genannte Leistungen sei mangels einer Regelungslücke nicht zulässig. Insbesondere sei eine analoge Anwendung in Bezug auf Wohngeld ausgeschlossen.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 04.04.2019 zugestellt (Bl. 44 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 05.04.2019 bat der Beklagte den Kläger um Zahlung von Rundfunkbeiträgen in Höhe von 420,00 Euro (Bl. 79 der Verwaltungsakte).
Der Kläger hat am 30.04.2019 Klage erhoben.
Zur Begründung führt der Kläger aus, dass der Landkreis E. die Bedürftigkeit des Klägers durch sein geringes Einkommen auf Wohngeld amtlich festgestellt habe. Es erscheine als unerträgliche Anmaßung des Beklagten, die Bedürftigkeit des Klägers hinsichtlich der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht auf weitere Voraussetzungen stellen zu wollen. Weiter trägt der Kläger vor, dass sein monatliches Gesamteinkommen ausweislich des Wohngeldbescheides vom 27.01.2021 insgesamt 733,54 Euro betrage; zusätzlich würden 91 Euro monatliches Wohngeld bewilligt. Somit verfüge der Kläger über ein Gesamteinkommen von 824,54 Euro. Davon abzuziehen sei die monatliche Gesamtmiete von 380,00 Euro, sodass dem Kläger zum Leben monatlich 444,54 Euro verblieben. Darauf entfielen weitere monatlich notwendige Telefonkosten, Zuzahlungen zu ärztlichen Leistungen, die bei dem erkrankten Kläger regelmäßig anfielen. Auch habe er wegen der an seinem Wohnort verkehrstechnisch ungünstigen Situation einen PKW sowie entsprechende Versicherungsprämien zu finanzieren, um damit Ärzte und Apotheken regelmäßig aufsuchen zu können. Ein Rundfunkbeitrag sei ihm daher in keiner Weise zumutbar. Soweit der Beklagte auf die Beitragsentrichtung bestehe, so stelle der Kläger ihm die erfolglose Beitreibung durch Zwangsvollstreckung anheim. Der Kläger trägt unter Vorlage des Wohngeldbescheides vom 26.01.2022 weiter vor, dass sich aus diesem Wohngeldbescheid seine behördlich festgestellte Einkommenssituation dergestalt ergebe, dass er ein monatliches Gesamteinkommen von 734,14 Euro habe. Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass hinsichtlich des Klageantrags zu 2.) sein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sei, denn auch insoweit verfolge der Beklagte eine unrechtmäßige Eintreibung von Rundfunkgebühren.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 20.03.2019 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2019 (Beitrags-Nr. ...) aufzuheben und dem Kläger die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht durch den Beklagten zu gewähren,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Forderung auf Zahlung von Rundfunkbeiträgen durch den Kläger vom 05.04.2019 zurückzunehmen und den Kläger auch insoweit beitragsfrei zu stellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass der Kläger lediglich einen Wohngeldbescheid vorgelegt habe. Allein der Bezug von Wohngeld führe nicht automatisch zu einer Bejahung der Bedürftigkeit und folglich zu einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Dies folge daraus, dass die Vermögensprüfung im Wohngeldrecht nach anderen Maßstäben als den für § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV anzulegenden erfolge. Auch die Einkommensberechnung nach dem Wohngeldgesetz müsse nicht zwangsläufig mit derjenigen nach §§ 27 ff. SGB XII identisch sein. Nur letzteres sei für die Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV maßgeblich. Zur Überprüfung der Bedürftigkeit bedürfe es daher der Vorlage eines Bescheides oder einer Bestätigung über das Fehlen der Voraussetzungen des Bezugs der Leistungen nach dem SGB I oder dem SGB XII. Darüber hinaus lägen andere Tatbestände, die zu einer Befreiung führten könnten, nicht vor.
Mit Beschluss vom 23.05.2019 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (Bl. 29 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 16.05.2022 hat der Kläger sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 61 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 18.05.2022 hat der Beklagte sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 65 d.A.).
Mit gerichtlicher Verfügung vom 25.05.2022 hat das Gericht die Beteiligten auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.01.2022 (1 BvR 1089/18 = NJW 2022, 481) hingewiesen und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben.
Hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (ein Hefter) Bezug genommen, die Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gewesen sind.
Gründe
Über die Klage entscheidet der Einzelrichter (§ 6 VwGO), nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat.
Die Entscheidung ergeht nach § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Mit Schriftsatz vom 16.05.2022 hat der Kläger sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 61 d.A.). Mit Schriftsatz vom 18.05.2022 hat der Beklagte sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 65 d.A.).
Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg.
Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrags zu 1.) als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht gem. § 74 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids, die am 04.04.2019 erfolgte, erhoben worden.
Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrags zu 1.) auch im tenorierten Umfang begründet.
Der ablehnende Bescheid vom 20.03.2019 und der diesen aufrecht erhaltende Widerspruchsbescheid vom 27.03.2019 sind rechtwidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Beklagte hat zwar rechtsfehlerfrei einen Anspruch des Klägers auf Befreiung in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 1 RBStV abgelehnt. Er hat aber verkannt, dass der Begriff des "besonderen Härtefalls" gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV auch Fälle erfasst, in denen ein Beitragsschuldner eine mit den Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt vergleichbare Bedürftigkeit aufweisen und dies im vorliegenden Einzelfall zu einer Befreiung des Klägers von der Rundfunkbeitragspflicht führt.
Die Ablehnung des Antrags auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 RBStV ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Befreiungsanspruch nach § 4 Abs. 1 RBStV. Nach dieser Vorschrift werden von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV auf Antrag die Empfänger der in den Nummer 1 bis 10 genannten Sozialleistungen von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Hinsichtlich dieses Befreiungstatbestandes hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 30.10.2019 (Az.: 6 C 10.18, DGVZ 2020, 93), das das erkennende Gericht seiner Entscheidung zugrunde legt, ausgeführt:
"§ 4 Abs. 1 RBStV sieht einen Anspruch auf Befreiung aus sozialen Gründen vor. Voraussetzung hierfür ist, dass der Beitragsschuldner eine in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 und Nr. 10 Alt. 2 RBStV genannte Sozialleistung bezieht oder zu dem von § 4 Abs. 1 Nr. 9 und 10 Alt. 1 RBStV erfassten Personenkreis gehört und dieses gemäß § 4 Abs. 7 S. 2 RBStV durch eine entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers oder durch einen entsprechenden Bescheid nachweisen kann. Die Landesgesetzgeber haben sich mit der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 RBStV für das normative Regelungssystem der sogenannten bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entschieden. Dieses System haben sie bereits mit der Befreiungsregelung des bis zum 31.12.2012 geltenden § 6 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) vom 31.8.1991 (BY GVBl. I 451) eingeführt und beibehalten (vgl zum früheren Recht: BVerwG, Urt. v. 12.10.2011 - 6 C 34.10, Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 62 Rn. 20; Beschl. v. 18.6.2008- 6 B 1.08, Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 44 Rn. 5). Mit Ausnahme der Tatbestände des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. a und b und Nr. 8 RGebStV, die Befreiungen für schwerbehinderte Menschen von der Rundfunkgebühr vorsahen und für die nunmehr eine Ermäßigung des Rundfunkbeitrags vorgesehen ist (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 RBStV), haben die Landesgesetzgeber auch weiterhin die Empfänger von Sozialleistungen unter weitestgehend gleichen Voraussetzungen von der Abgabenpflicht befreit (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.2.2018 - 6 C 48.16, BVerwGE 161, 224 Rn. 9). Dementsprechend fingiert die Übergangsregelung des § 14 Abs. 7 RBStV die Fortgeltung bestandskräftiger Rundfunkgebührenbefreiungsbescheide nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 6 und 9 bis 11 RGebStV bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit als Rundfunkbeitragsbefreiungen nach § 4 Abs. 1 RBStV."
Dies zugrunde gelegt erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 4 Abs. 1 RBStV vorliegend nicht. Er bezieht keine Leistungen im Sinne von § 4 Abs. 1 RBStV. Ihm steht insoweit ein Anspruch auf Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV nicht zu.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 4 Abs. 1 RBStV (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 03.02.2020, Az.: W 3 K 17.767, BeckRS 2021, 5606). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem o.g. Urteil vom 30.10.2019, das das erkennende Gerichte auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt seiner Entscheidung zugrunde legt, hierzu den Leitsatz aufgestellt: "Einkommensschwache Personen, die keine der in § 4 Abs. 1 RBStV aufgeführten Sozialleistungen erhalten, sind nicht in entsprechender Anwendung dieser Norm von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien" und in den Gründen weiter ausgeführt:
"Schon die enumerative Aufzählung in § 4 Abs. 1 RBStV spricht gegen eine erweiternde Auslegung und Anwendung auf Beitragsschuldner, die keine der genannten Sozialleistung erhalten. Vor allem aber sind die in § 4 Abs. 1 RBStV aufgeführten Tatbestände aufgrund des Normzwecks als abschließend anzusehen. Denn das System der bescheidgebundenen Befreiung beruht auf dem Grundprinzip, nur demjenigen einen Anspruch auf Befreiung zuzugestehen, dessen Bedürftigkeit am Maßstab der bundesgesetzlichen Regelungen durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und in deren Bescheid bestätigt wird oder dem vom Staat bestätigt wurde, dass er die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllt. Mit diesem System werden schwierige Berechnungen zur Feststellung der Bedürftigkeit auf Seiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vermieden, indem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die bundesgesetzgeberischen Wertungen für den Bezug von Sozialleistungen angeknüpft und diese zur Grundlage der Reichweite einer Befreiung von der Rundfunkgebühr bzw. geltenden Beitragspflicht gemacht werden (vgl. zum früheren Recht: BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 2008 - 6 B 1.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 44 Rn. 5 unter Hinweis auf LT-Drs. BY 15/1921 S. 20 f.). Die Landesgesetzgeber haben mit der Einführung dieses Systems die vor Inkrafttreten des Rundfunkgebührenstaatsvertrages noch möglichen Befreiungen wegen geringen Einkommens bewusst abgeschafft und in der Vergangenheit den Katalog der Befreiungstatbestände um verschiedene Fallgruppen erweitert (vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 6 C 34.10 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 62; Beschluss vom 18. Juni 2008 - 6 B 1.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 44). Dies schließt die Einbeziehung weiterer, bisher nicht erfasster Personengruppen wie etwa Absolventen eines nicht förderungsfähigen Zweitstudiums oder Empfänger von Wohngeld, das nicht der Sicherung des allgemeinen Lebensunterhalts, sondern als Miet- oder Lastenzuschuss der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens dient (§ 1 WoGG; s.a. Schulte, in: Klein/Schulte/Unkel, WoGG, 2015, § 1 Rn. 4), in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 RBStV aus."
Der Beklagte hat aber zu Unrecht keine Befreiung des Klägers nach Maßgabe des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV wegen eines besonderen Härtefalls in Gestalt einer vergleichbaren Bedürftigkeit im Einzelfall gewährt.
Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV hat die Landesrundfunkanstalt unbeschadet der Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV die Landesrundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Als unbestimmter Rechtsbegriff ist das Merkmal des besonderen Härtefalls in vollem Umfang der gerichtlichen Auslegung und Prüfung zugänglich. Nach § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV liegt ein Härtefall insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 10 in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrages überschreiten, also in Grenzfragen der Befreiung aus sozialen Gründen. Wie dem Wortlaut des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV durch Verwendung des Wortes "insbesondere" entnommen werden kann, können nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV auch weitere Härtefälle in Betracht kommen.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wurde mit dem Urteil vom 30.10.2019 (Az. 6 C 10.18 - DGVZ 2020, 93) ein restriktives Verständnis des Begriffs des "besonderen Härtefalls" aufgegeben. In dieser Entscheidung, deren Begründung sich das erkennende Gericht zu eigen macht, wird hinsichtlich der Auslegung des Begriffs des "besonderen Härtefalls" folgendes ausgeführt:
"Bei § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV handelt es sich nach seinem Normzweck um eine Härtefallregelung, mit der grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten vermieden werden sollen, die durch das in § 4 Abs. 1 RBStV verankerte normative Regelungssystem der bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entstehen. Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, nicht zu den Personengruppen des § 4 Abs. 1 RBStV gehörende Beitragsschuldner von der Beitragspflicht zu befreien, wenn sich ihre Schlechterstellung gegenüber den befreiten Personengruppen nicht sachlich rechtfertigen lässt. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV, wonach die Befreiung wegen eines besonderen Härtefalls "unbeschadet der Beitragsbefreiung nach Absatz 1", mithin unabhängig von dem in Absatz 1 zugrunde liegenden Regelungssystem in Betracht kommt. Bestätigt wird dieses Normverständnis durch die Gesetzesmaterialien, aus denen sich ergibt, dass "weiterhin" die Befreiung wegen eines besonderen Härtefalls in Betracht kommen soll, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann (vgl LT-Drs. BY 16/7001, 16). Eine Berücksichtigung des dem Absatz 1 zugrunde liegenden Konzepts bei der Auslegung des besonderen Härtefalls widerspräche dem Charakter dieser Regelung als Ausnahmevorschrift.
Unter dem Gesichtspunkt der Rundfunkempfangsmöglichkeit ist hiernach eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gemäß § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV etwa zu erteilen, wenn es dem Beitragsschuldner objektiv unmöglich ist, zumindest über einen Übertragungsweg (Terrestrik, Kabel, Satellit, Internet oder Mobilfunk) Rundfunk zu empfangen (vgl dazu LT-Drs. BY 16/7001, 16 sowie BVerfG, Urt. v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16 u. a. - NVwZ 2018, 1293 Rn. 61, 85); demgegenüber kommt eine Befreiung auf der Grundlage dieser Vorschrift bei einem - hier nicht in Rede stehenden - bewussten Verzicht auf ein Rundfunkempfangsgerät nicht in Betracht (vgl im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 18.3.2016 - 6 C 6.15, BVerwGE 154, 275 Rn. 9).
Auch aus Gründen der durch die Beitragspflicht herbeigeführten wirtschaftlichen Belastung kann die Anwendung des in § 4 Abs. 1 RBStV verankerten Systems der bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit zu groben Unbilligkeiten führen, die in bestimmten Fallgruppen die Annahme eines besonderen Härtefalls rechtfertigen. Dies folgt bereits aus der den besonderen Härtefall beispielhaft kennzeichnenden Regelung in § 4 Abs. 6 S. 2 RBStV. Danach liegt ein besonderer Härtefall vor, wenn eine Sozialleistung nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Es werden diejenigen Beitragsschuldner befreit, die zur Erfüllung ihrer Beitragspflicht auf Teile ihrer Einkünfte zurückgreifen müssten, die nach den Maßstäben der Sozialgesetze in ihrer Höhe den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entsprechen und damit ausschließlich zur Deckung des Lebensbedarfs einzusetzen sind. § 4 Abs. 6 S. 2 RBStV dient dem Schutz des Existenzminimums, da ein Einkommen in Höhe der Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts allein dazu dient, sowohl die physische als auch die soziale Seite des Existenzminimums sicherzustellen; es ist nicht für die Erfüllung der Rundfunkbeitragspflicht einzusetzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.11.2011 - 1 BvR 665/10, BVerfGK 19, 181 <185>).
Dieser Erwägung kommt auch bei der Auslegung des § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV entscheidende Bedeutung zu. Absatz 6 S. 2 erweist sich schon angesichts seines Wortlauts ("insbesondere") nicht als abschließend. Der Schutz des Existenzminimums kann daher auch in anderen Fallgestaltungen eine Rundfunkbefreiung wegen eines besonderen Härtefalls rechtfertigen. Eine solche Fallgestaltung liegt bei Beitragsschuldnern vor, die ein den Regelleistungen entsprechendes oder geringeres Einkommen haben und nicht auf verwertbares Vermögen zurückgreifen können, aber von der Gewährung der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen mangels Vorliegen der Voraussetzungen ausgeschlossen sind. Denn während die nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht befreiten Personen nicht auf das monatlich ihnen zur Verfügung stehende Einkommen in Höhe der Regelleistungen zur Erfüllung der Beitragspflicht zurückgreifen müssen, weil dieses Einkommen ausschließlich zur Deckung ihres Lebensbedarfs einzusetzen ist, muss die erstgenannte Gruppe von Beitragsschuldnern auf ihr der Höhe nach den Regelleistungen entsprechendes oder diese Höhe sogar unterschreitendes Einkommen zurückgreifen, weil sie aus dem System der Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV herausfallen. Sie werden hierdurch schlechter gestellt, obwohl beide Personengruppen in Bezug auf ihre finanzielle Bedürftigkeit miteinander vergleichbar sind (vgl BVerfG, Beschl. v. 9.11.2011 - 1 BvR 665/10, BVerfGK 19, 181, 184).
Eine solche Ungleichbehandlung trotz gleicher Einkommensverhältnisse beruht am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG nicht auf einem sachlichen Grund. Da das System der bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit der Verwaltungsvereinfachung dient, weil es auf Seiten der Rundfunkanstalten ohne eine Bedürftigkeitsprüfung auskommt, könnte die Schlechterstellung nur dann sachlich gerechtfertigt sein, wenn Gründe der Verwaltungspraktikabilität es auch im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV rechtfertigen, von einer Bedürftigkeitsprüfung abzusehen. Dies setzt voraus, dass die mit der Schlechterstellung verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind, sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Diese Voraussetzungen sind in der vorliegenden Fallgestaltung jedoch nicht gegeben, da die Gruppe einkommensschwacher Personen, die nicht von § 4 Abs. 1 Nr. 1 RBStV erfasst werden, obwohl die Höhe ihres Einkommens mit den Regelleistungen vergleichbar ist, keine kleine Anzahl von Personen erfasst und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz sehr intensiv ist. Die Entrichtung des Rundfunkbeitrags stellt für diesen Personenkreis eine spürbare und wiederkehrende Belastung dar, die im Verhältnis zu dem ihnen nach Abzug der Wohnkosten zur Verfügung stehenden Einkommens zu einer Verringerung des Einkommens von bis zu 5 % führt (vgl BVerfG, Beschl. v. 9.11.2011 - 1 BvR 665/10, BVerfGK 19, 181, 185). Bei einem die Höhe der Regelleistungen unterschreitenden Einkommen ist dieser Wert gegebenenfalls noch höher. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind daher bei diesen einkommensschwachen Beitragsschuldnern gehalten, im Rahmen ihrer Prüfung eines besonderen Härtefalls eine Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen.
Dass die Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV keine Handhabe bietet, das Regelungskonzept des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages zu korrigieren (so ausdrücklich BVerwG, Urt. v. 28.2.2018 - 6 C 48.16, BVerwGE 161, 224 Rn. 10), steht der Anwendung dieser Norm auf mit Absatz 1 vergleichbare, von dem Katalog nicht erfasste Bedürftigkeitsfälle nicht entgegen. Denn die Erteilung einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wegen eines besonderen Härtefalls ist schon angesichts der Höhe des Rundfunkbeitrags nicht geeignet, die in den Tatbeständen des Absatzes 1 zum Ausdruck kommenden bundesgesetzlichen Wertungen zu unterlaufen. So ist die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht im Fall der Klägerin nicht geeignet, im Sinne einer versteckten Ausbildungsförderung den gesetzlichen Ausschluss von Absolventen eines nicht förderungsfähigen Zweitstudiums von der Ausbildungsförderung und von Sozialleistungen in Frage zu stellen.
Die Annahme einer vergleichbaren Bedürftigkeit, die eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV rechtfertigt, hat sich vorbehaltlich einer die vorliegende Fallgestaltung betreffenden Regelung an den Einkünften und dem verwertbaren Vermögen eines Empfängers von Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 27 ff., § 90 SGB XII zu orientieren. Denn die Empfänger dieser Leistungen, die hier die Vergleichsgruppe für die nicht vom Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV erfassten Beitragsschuldner bilden, haben nur einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, wenn sie unter anderem nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln ihren notwendigen Lebensunterhalt bestreiten können. Voraussetzung ist hiernach zum einen, dass dem Beitragsschuldner nach Abzug der Wohnkosten lediglich ein mit dem Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII) vergleichbares Einkommen zur Verfügung steht. Maßstab bilden hier die in der Anlage zu § 28 SGB XII bekannt gemachten Regelsätze der jeweiligen Regelbedarfsstufen für die Leistungsberechtigten nach § 27 SGB XII. Zum anderen setzt die Annahme einer vergleichbaren Bedürftigkeit voraus, dass die Beitragsschuldner über kein verwertbares Einkommen im Sinne von § 90 SGB XII verfügen. Ungeachtet dessen bleibt es den Landesgesetzgebern unbenommen, in Anlehnung an die Beispielsregelung in § 4 Abs. 6 S. 2 RBStV die Härtefallregelung weiter auszugestalten und dabei an die jeweiligen bundesgesetzlichen Regelungen der in Betracht kommenden Vergleichsgruppen anzuknüpfen, wie etwa bei Absolventen eines nichtförderungsfähigen Zweitstudiums an die im Bundesausbildungsförderungsgesetz enthaltenen Grenzen anrechnungsfreien Vermögens.
Damit die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Prüfung der vergleichbaren Bedürftigkeit durchführen können, müssen die Beitragsschuldner, die eine Befreiung wegen eines besonderen Härtefalls begehren, die hierfür erforderlichen Nachweise nach § 4 Abs. 7 S. 2 RBStV vorlegen. Darüber hinaus besteht für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Möglichkeit, nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 RBStV von dem Beitragsschuldner weitere Auskünfte und Nachweise zu verlangen. Erfüllen Beitragsschuldner die ihnen rechtmäßig auferlegten Mitwirkungspflichten trotz angemessener Fristsetzung nicht, ist die Befreiung zu versagen.
Die Anwendung des § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV auf einkommensschwache Personen bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen ist mit der Qualifizierung des Rundfunkbeitrags als nichtsteuerliche Abgabe in Gestalt einer Vorzugslast vereinbar. Die Landesgesetzgeber sind nicht gehindert, soziale Belange oder andere "vorteilsfremde" Zwecke zu verfolgen und Unterschiede in der Beitragshöhe (Befreiungen oder Ermäßigungen) vorzusehen, wenn sie durch hinreichende gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt sind (vgl im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 27.9.2017 - 6 C 34.16, Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 84 Rn. 26, 34 mwN). Derartige Gründe liegen hier in der Sicherstellung der physischen und sozialen Seite des Existenzminimums, indem verfügbares Einkommen, dessen Höhe unter dem Regelsatz für die Hilfe zum Lebensunterhalt liegt, nicht für die Entrichtung des Rundfunkbeitrags aufgewendet werden muss [...]."
Hiervon ausgehend hat das erkennende Gericht bereits in seinem Kammerurteil vom 28.10.2021 (Az. 9 K 1089/19.GI) darauf verwiesen, dass Teile in der Literatur (vgl. Lent, LKV 2020, 337, S. 339) aus der o.g. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2019 eine Befreiungsmöglichkeit auch für solche Fallgestaltungen ableiten, "in denen nachweislich einkommensschwache Personen auf eine Inanspruchnahme von Sozialleistungen verzichten, z.B. aus Unkenntnis oder Scham (sog.,verdeckte Armut)." Das Gericht hat in Ansehung dieser Ansicht weiter darauf hingewiesen, dass eine Klägerseite im Falle nachweislicher Einkommensschwäche dadurch geschützt ist, dass von Gläubigern des Rundfunkbeitrags im Falle einer Vollstreckung gem. § 34 Abs. 5 Hessisches Vollstreckungsgesetz in Verbindung mit § 811 Abs. 1 und §§ 811a bis 813 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie gem. § 55 in Verbindung mit §§ 850 bis 852 ZPO eine Vielzahl von Vollstreckungsbeschränkungen und -verboten einzuhalten ist, deren Beachtung gerichtlicher Kontrolle unterliegt und deren etwaige Missachtung Schadensersatzansprüche gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auslösen kann (zur Einordnung der Verbindung zwischen Vollstreckungsschuldner und Vollstreckungsgläubiger auf Basis eines konkreten Vollstreckungszugriffs als Schuldverhältnis vgl. Riehm, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann (Hrsg.): BeckOnline-Großkommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Stand: 01.04.2021, § 280 BGB Rn. 89 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 30.10.1984, Az.: VI ZR 25/83 (KG), NJW 1985, 3080).
Im Anschluss daran hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 19.01.2022 (Az.: 1 BvR 1089/18), auf die das erkennende Gericht die Beteiligten mit gerichtlicher Verfügung vom 25.05.2022 hingewiesen hat und die es seiner Entscheidung zugrunde legt, nunmehr entschieden, dass die maßgebliche (Verfassungsgerichts-)Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG und der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als Härtefall (vgl. BVerfGK 19, 181 = MMR 2012, 190; BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats ) NZS 2012, 462 Rn. 14 ff.; BVerwGE 167, 20, Ls. 3, Rn. 22 ff. = BeckRS 2019, 31822 ) unabhängig davon gilt, ob ein Betroffener dem Grunde nach einer der in § 4 Abs. 1 RBStV katalogisierten Bedürftigkeitsgruppen unterfällt, aber deren Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt, oder aber einer Personengruppe angehört, deren Bedürftigkeit der Rundfunkgesetzgeber in § 4 Abs. 1 RBStV von vornherein nicht erfasst hat.
Weiter hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass allein maßgeblich ist, dass ein Betroffener nur über ein den sozialrechtlichen Regelsätzen entsprechendes oder sie unterschreitendes Einkommen verfügt und nicht auf Vermögen zurückgreifen kann und dass im Rahmen der eröffneten Härtefallprüfung von der Rundfunkanstalt festzustellen ist, ob dies der Fall ist. Konkret hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung ausgeführt:
"Aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG folgt, dass ein nachweislich den sozialrechtlichen Regelleistungen entsprechendes oder sogar noch unterschreitendes Einkommen zur Begleichung von Rundfunkbeiträgen nicht eingesetzt werden muss (vgl. BVerfGK 19, 181 (185) = MMR 2012, 190; BVerwGE 167, 20, Rn. 25 = BeckRS 2019, 31822). Die Regelleistungen schützen und gewährleisten ein menschenwürdiges Existenzminimum, das sowohl die physische Existenz als auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sichert (vgl. BVerfGE 125, 175 (228) = NJW 2010, 505 = NZS 2010, 270 = NVwZ 2010, 580 Ls.; BVerfGE 152, 68 (113) Rn. 119 = NJW 2019, 3703 = NZS 2020, 13).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet seinerseits, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Bei der Anwendung des Gleichheitssatzes ist daher zunächst zu fragen, ob eine Person oder Gruppe durch die als gleichheitswidrig angegriffene Vorschrift anders gestellt wird als eine andere Personengruppe, die man ihr als vergleichbar gegenüberstellt (vgl. [...]). Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. [...]). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird (vgl. [...]).
Die Bf. wird durch die angegriffenen Entscheidungen gegenüber anderen finanziell bedürftigen Personen benachteiligt, denen die Zahlung des Rundfunkbeitrags aus ihren sozialrechtlichen Regelleistungen nicht zugemutet wird, weil diese das Existenzminimum schützen. Sowohl der WDR als auch das VG und das OVG haben eine Härtefallbefreiung der Bf. von vornherein abgelehnt, ohne die Höhe ihres Einkommens anhand der vorgelegten Nachweise zu überprüfen. Nach dem Vortrag der Bf. und den von ihr im fachgerichtlichen Verfahren vorgelegten Nachweisen - etwa dem Wohngeldbescheid - war aber davon auszugehen beziehungsweise jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass ihr Einkommen in dem streitgegenständlichen Zeitraum unterhalb der sozialrechtlichen Regelsätze lag.
Durch die versagte Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht wurde die Bf., die von einer bescheidgebundenen Befreiung gem. § 4 Abs. 1 RBStV mangels Vorliegen der Voraussetzungen ausgeschlossen war, gegenüber solchen Personen benachteiligt, die gem. § 4 Abs. 1 RBStV auf Antrag von der Beitragspflicht zu befreien sind, weil sie einen Anspruch auf Sozialleistungen haben und ihren das Existenzminimum schützenden Regelsatz zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beziehungsweise der Sozialhilfe nach dem SGB XII nicht zur Begleichung des Rundfunkbeitrags aufwenden müssen (vgl. BVerfGK 19, 181 (185) = MMR 2012, 190; BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats) NZS 2012, 462 Rn. 16; BVerwGE 167, 20, Ls. 3, Rn. 22 ff. = BeckRS 2019, 31822). Beide Personengruppen sind in Bezug auf ihre finanzielle Bedürftigkeit miteinander vergleichbar, weil das der Bf. zur Verfügung stehende Einkommen seiner Höhe nach mit den sozialrechtlichen Regelsätzen vergleichbar ist beziehungsweise es sogar noch unterschreitet (vgl. BVerfGK 19, 181 (184) = MMR 2012, 190; BVerwGE 167, 20 Rn. 26 = BeckRS 2019, 31822).
Diese Schlechterstellung der Bf. gegenüber den nach § 4 Abs. 1 RBStV auf Antrag von der Beitragspflicht befreiten Personengruppen beruht am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG auf keinem sachlichen Grund. Sie findet ihre sachliche Rechtfertigung insbesondere nicht in der Möglichkeit, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren (vgl. BVerfGE 100, 138 (174) = NJW 1999, 2505 = NZS 2000, 176; BVerfGE 103, 310 (319) = LKV 2001, 505 = NVwZ 2002, 199 Ls.; BVerfGE 112, 268 (280) = NJW 2005, 2448). Hierzu wäre unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich, dass die mit der Typisierung verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv wäre (vgl. BVerfGE 100, 138 (174) = NJW 1999, 2505 = NZS 2000, 176; BVerfGE 103, 310 (319) = LKV 2001, 505 = NVwZ 2002, 199 Ls.; BVerfGK 19, 181 (185) = MMR 2012, 190; stRspr).
Diese kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen liegen nicht vor. Für die Bf. liegt schon ein intensiver Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, für dessen Beurteilung insbesondere die Beitragsbelastung maßgeblich ist (vgl. BVerfGE 63, 119 (128) = NJW 1983, 2017 Ls.; BVerfGE 84, 348 (360) = NJW 1992, 423 = NVwZ 1992, 259 Ls.). Zwar ist der Betrag eines Rundfunkbeitrags absolut nicht sehr hoch. Er stellt aber für die Bf., die ihren Lebensunterhalt aus einem Einkommen unterhalb der zur Deckung des Existenzminimums konzipierten sozialrechtlichen Regelleistungen (vgl. BVerfGE 125, 175 (228) = NJW 2010, 505 = NZS 2010, 270 = NVwZ 2010, 580 Ls.; BVerfGE 152, 68 (113) Rn. 119 = NJW 2019, 3703 = NZS 2020, 13) bestreitet, eine intensive Belastung dar (vgl. BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats) NZS 2012, 462 R. 19).
Die Bf. musste für eine Härtefallbefreiung insbesondere auch nicht, wie nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Münster damals verlangt, vorrangig Leistungen nach § 7 Abs. 5 iVm § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II in der bis zum 31.7.2016 gültigen Fassung beantragen und in Anspruch nehmen. Diese vom Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV nicht erfassten Vorschriften sehen vor, dass in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts, gegebenenfalls als Darlehen, geleistet werden können.
Denn die maßgebliche (Verfassungsgerichts-)Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG und der Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als Härtefall (vgl. BVerfGK 19, 181 (184 ff.) = MMR 2012, 190; BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats) NZS 2012, 462 Rn. 14 ff.; BVerwGE 167, 20, Ls. 3, Rn. 22 ff. = BeckRS 2019, 31822) gilt unabhängig davon, ob ein Betroffener dem Grunde nach einer der in § 4 Abs. 1 RBStV katalogisierten Bedürftigkeitsgruppen unterfällt, aber deren Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt, oder aber einer Personengruppe angehört, deren Bedürftigkeit der Rundfunkgesetzgeber in § 4 Abs. 1 RBStV von vornherein nicht erfasst hat. Maßgeblich ist allein, dass ein Betroffener nur über ein den sozialrechtlichen Regelsätzen entsprechendes oder sie unterschreitendes Einkommen verfügt und nicht auf Vermögen zurückgreifen kann. Ob das der Fall ist, ist im Rahmen der eröffneten Härtefallprüfung von der Rundfunkanstalt festzustellen.
Das in § 4 Abs. 7 RBStV verankerte System der so genannten bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit dient zwar der Verwaltungsvereinfachung, weil es den Rundfunkanstalten grundsätzlich eine Bedürftigkeitsprüfung erspart. Wegen der verfassungsrechtlichen Grenzen der Typisierung kann es allerdings nicht so weit reichen, dass die Rundfunkanstalten auch im Anwendungsbereich der Härtefallklausel des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV von einer Bedürftigkeitsprüfung generell absehen könnten. Bei nachweislich einkommensschwachen Beitragsschuldnern sind sie vielmehr gehalten, im Rahmen ihrer Prüfung eines besonderen Härtefalls eine Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. BVerfGK 19, 181 (185) = MMR 2012, 190; BVerwGE 167, 20 Rn. 27 = BeckRS 2019, 31822."
Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben sind der angegriffene Ablehnungs- und Widerspruchsbescheid aufzuheben und ist der Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Dabei schließt sich das erkennende Gericht der jüngsten in der Literatur vertretenen Ansicht an, wonach die o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Beitragsschuldnern die Möglichkeit eröffnet, von der Beantragung und Inanspruchnahme von entsprechenden Leistungen (etwa nach dem SGB II) abzusehen, "ohne befürchten zu müssen, dann ausnahmslos nicht von der Rundfunkbeitragspflicht befreit werden zu können." (s. Lorenz, jurisPR-ITR 14/2022 Anm. 6). Zutreffend wird dabei auch herausgestellt, dass die Härtefallklausel wie ein Typisierungsregulativ gegenüber des in § 4 Abs. 1 RBStV niedergelegten bescheidgebundenen Befreiungssystems wirken soll: "Bestätigt wird dieses Normverständnis durch die Gesetzesmaterialien, aus denen sich ergibt, dass,weiterhin‘ bzw.,unbeschadet der Beitragsbefreiung nach Absatz 1‘ (und damit unabhängig von dem Abssatz (!) 1 zugrunde liegenden Regelungssystem) die Befreiung wegen eines besonderen Härtefalls in Betracht kommen soll, wenn, ohne dass § 6 Abs. 1 RBStV erfüllt ist, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen ist (vgl. LT-Drs. BY 16/7001, 16). Eine Berücksichtigung des Abs. 1 zugrunde liegenden Konzepts bei der Auslegung des besonderen Härtefalls widerspräche daher dem Charakter dieser Auslegung als Ausnahmevorschrift (BVerwG, Urt. v. 30.10.2019 - 6 C 10/18 Rn. 23)" (s. Lorenz, jurisPR-ITR 14/2022 Anm. 6).
Der Beklagte hat im Rahmen seiner Neubescheidung zu beachten, dass eine vergleichbare Bedürftigkeit des Klägers, der vorliegend Wohngeld in monatlicher Höhe von zuletzt 96,00 Euro bezieht, im konkreten Einzelfall in Betracht kommt, die einen besonderen Härtefall begründet und damit eine Befreiung von der Beitragspflicht nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV rechtfertigt. Denn der Kläger hat zusammen mit seiner Klage einen auf den 27.02.2019 datierenden bewilligenden Wohngeldbescheid und zuletzt einen auf den 26.01.2022 datierenden bewilligenden Wohngeldbescheid vorgelegt; damit hat der Kläger er eine relevante Einkommensschwäche ausreichend substantiiert dargelegt, die den Beklagten zur weiteren Aufklärung hätte veranlassen müssen.
Insoweit weist das erkennende Gericht in Anwendung der o.g. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts der Beklagten die weitere Ermittlung zu, ob dem Kläger nach Abzug der Wohnkosten lediglich ein mit dem Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII) vergleichbares Einkommen nach Maßgabe der in der Anlage zu § 28 SGB XII bekannt gemachten Regelsätze zur Verfügung steht. Hinsichtlich dieser konkreten Frage, ob im vorliegenden Fall auch eine vergleichbare Bedürftigkeit des Klägers tatsächlich besteht, ist nach Maßgabe der beiden hier in Bezug genommenen höchstrichterlichen Entscheidungen geklärt, dass dies von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - hier also vom Beklagten - zu prüfen ist. Bei dieser Prüfung ist das Verhältnis von Wohngeld und Leistungen nach dem SGB II und SGB XII zu beachten, wie dieses vom Verwaltungsgericht Göttingen in seinem Urteil vom 25.01.2022 (Az. 2 A 82/21, BeckRS 2022, 509) dargestellt ist:
"Gemäß § 3 Abs. 3 SGB II dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann.
Nach § 12a Satz 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend davon sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet, Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde (§ 12a Satz 2 SGB II).
Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches aus (§ 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Nach § 7 WoGG sind vom Wohngeld ausgeschlossen Empfänger und Empfängerinnen von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach dem SGB II sowie von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, wenn bei deren Berechnung Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 6 WoGG). Der Ausschluss besteht nicht, wenn - neben weiteren Voraussetzungen - durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit i.S.d. SGB II oder XII vermieden oder beseitigt werden kann (§ 7 Abs. 1 Satz 3 WoGG).
Wohngeld stellt damit grundsätzlich eine nach § 12a Satz 1 SGB II vorrangige Leistung dar. Ist der Wohngeldberechtigte in der Lage, seinen Lebensunterhalt mit eigenem Einkommen und zusätzlichem Wohngeld zu bestreiten, besteht daher aufgrund der Nachrangigkeit der Leistungen nach dem SGB II auf diese kein Anspruch. Ist dagegen kein ausreichendes Einkommen vorhanden, um - gegebenenfalls in Verbindung mit Wohngeld - den Lebensunterhalt zu bestreiten, besteht Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Auch wenn Wohngeld nicht der Sicherung des Lebensunterhalts dient, sondern der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens (vgl. § 1 Abs. 1 WoGG), kann auf die Leistungen nach dem SGB II und XII verzichtet werden, um Wohngeld zu beantragen (vgl. § 8 Abs. 2 WoGG). Insoweit besteht ein Wahlrecht des Berechtigten (Stadler u.a., WoGG, Stand: Januar 2022, § 8 Rn. 25 ff. und § 7 Rn. 16; Kühl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand: 21.09.2021, § 12a Rn. 35; VG Oldenburg, Urteil vom 04.11.2021 - VG Oldenburg, Urteil vom 04.11.2021 - 15 A 3506/20 - Urteilsabdruck S. 7, V.n.b.)."
Weil der Beklagte gehalten ist, im Rahmen seiner Prüfung eines besonderen Härtefalls eine eigene Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen, ist hier insoweit keine Spruchreife gegeben. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren darf auch von seiner Ausgestaltung her dieses vom Beklagten selbstständig durchzuführende Prüfungsverfahren auch nicht ersetzen; vielmehr ist dem erkennenden Verwaltungsgericht ausschließlich die rechtliche Kontrolle einer entsprechend geleisteten Vorarbeit zugewiesen (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 26. Auflage 2020, § 113 Rn. 198). Die Klage ist daher, soweit im Klageantrag zu 1.) beantragt wurde, den Kläger von der Beitragspflicht zu befreien, wegen fehlender Spruchreife im Übrigen abzuweisen. Insoweit obliegt dem Beklagten die weitere Aufklärung und dem Kläger die weitere Mitwirkung.
Der Klageantrag zu 2.), mit dem der Kläger begehrt, die Forderung auf Zahlung von Rundfunkbeiträgen durch den Kläger vom 05.04.2019 zurückzunehmen und den Kläger auch insoweit beitragsfrei zu stellen, hat nach Auslegung durch das Gericht gem. §§ 88, 86 Abs. 1 VwGO keine eigenständige Bedeutung.
Die begehrte Zurücknahme einer "Forderung auf Zahlung von Rundfunkbeiträgen" geht ins Leere, weil das im Klageantrag bezeichnete Schreiben vom 05.04.2019 keine Verwaltungsaktqualität hat; dieses Schreiben stellt insbesondere keine Festsetzung von Rundfunkbeiträgen dar. Es handelt sich vielmehr um eine formlose und vorbereitende Zahlungsbitte, deren "Zurücknahme" - hierbei ist nach verständiger Würdigung des Klagebegehrens eine im Wege der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO intendierte Aufhebung gemeint - mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes (§ 35 Verwaltungsverfahrensgesetz) nicht erreicht werden kann.
Soweit im Klageantrag zu 2.) das Begehren dahingehend formuliert wird, den Kläger "auch insoweit beitragsfrei zu stellen", wird dies vom Gericht nach §§ 88, 86 VwGO ebenfalls als Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ausgelegt, für den in der Sache keine anderen als die zum Klageantrag zu 1.) gemachten Ausführungen gelten. Der Klageantrag zu 2.) hat insoweit keine zusätzliche rechtliche Bedeutung.
Da der Kläger nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, sind dem Beklagten die Kosten ganz aufzuerlegen (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).
Gerichtskosten werden gem. § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben, weil es sich bei der auf geringe Einkommensverhältnisse gestützten Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht um eine Angelegenheit der Fürsorge handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2011, Az.: 6 C 10/10 = NVwZ-RR 2011, 622).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).