OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2017 - OVG 11 M 5.16
Fundstelle
openJur 2020, 40674
Rechtskraft:
Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage auf Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung der Rundfunkbeitragspflicht hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO biete, ist auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden.

Die Klage der Klägerin, die als Studentin nach einem Fachrichtungswechsel und der Überschreitung der Förderungshöchstdauer keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (mehr) hat und unstreitig auch keinen anderen der in § 4 Abs. 1 RBStV gesetzlich vorgesehenen Befreiungstatbestände erfüllt, hat auch nicht wegen Vorliegen eines mit der Beschwerde der Sache nach nur geltend gemachten besonderen Härtefalls gem. § 4 Abs. 6 RBStV hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Insoweit hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer Befreiung in einem besonderen Härtefall gem. § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV nicht vorlägen, da die Versagung der in § 4 Abs. 1 RBStV aufgeführten Leistungen nach den Angaben der Klägerin nicht auf einer Einkommensüberschreitung um weniger als die Höhe des Beitragssatzes beruhten, und ein sonstiger besonderer Härtefall gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV in solchen Fällen grundsätzlich ausgeschlossen sei, in denen der Antragsteller - wie hier die Klägerin - zu einer der Personengruppen gehöre, die von der Regelung in Absatz 1 erfasst werde, die dort genannten Voraussetzungen aber nicht erfülle.

Diese Rechtsauffassung ist nicht zu beanstanden. Denn § 4 Abs. 6 RBStV enthält - ebenso wie die Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 RGebStV - nach der Absicht des Gesetzgebers keine allgemeine Härte-Auffangklausel. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die vom Gesetzgeber gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden kann, dass einkommensschwache Personen, die die für sie grundsätzlich einschlägige Sozialleistung nicht erhalten, weil sie diese nicht in Anspruch nehmen wollen oder deren Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllen, dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden (vgl. BVerwG, Beschluss v. 18. Juni 2008 - 6 B 1/08 -, juris Rz. 6 f.; Urteil v. 12. Oktober 2011 - 6 C 34/10 -, juris Rz. 21, 25; aus der Rechtsprechung des entscheidenden Senats vgl. Urteil v. 15. Oktober 2015 - OVG 11 B 7.13 -, juris Rz. 27 ff.). Für die Härtefallregelung in § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV gilt nichts anderes (vgl. Gall/Siekmann in: Hahn/Vesting, Beck`scher Kommentar zum Rund-funkrecht, 3. Auflage, § 4 RBStV Rz. 52, sowie st. Rspr. des Senats, z.B. Beschlüsse v. 13. April 2015 - OVG 11 M 9.15 -, juris Rz. 5, und v. 1. Dezember 2015 - OVG 11 M 11.15 -, S. 2 EA). ).

Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 30. November 2011 verweist, wonach diejenigen nicht schlechter gestellt werden dürften, die Leistungen bezögen, "die um weniger als den Betrag geringer seien, den die Rundfunkgebühr ausmache", hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass diese - inzwischen in § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV ausdrücklich gesetzlich geregelten - Voraussetzungen im Fall der Klägerin ebenfalls nicht erfüllt sind. Das Argument der Klägerin, dass erst recht diejenigen Personen zu befreien seien, deren Einkünfte niedriger seien als diejenigen der nach dieser Rechtsprechung zu befreienden Personen, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Denn die Situation einer Studentin, die wie die Klägerin wegen Vorliegens von persönlichen Ausschlussgründen (wie einer die weitere Förderung ausschließenden früheren Förderung oder einer Überschreitung der Förderungshöchstdauer) keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung (mehr) hat, ist mit einer derartigen Fallkonstellation nicht vergleichbar und begründet auch sonst keinen besonderen Härtefall im Sinne des § 4 Abs. 6 RBStV. Der Gesetzgeber der Sozialgesetze mutet es dem Auszubildenden in einem solchen Fall zu, seine Bedürftigkeit selbst abzuwenden, und diese Wertung ist auch im Rahmen des § 4 Abs. 6 RBStV zu beachten (st. Rspr. des Senats, z.B. Beschlüsse v. 1. Dezember 2015 - OVG 11 M 11.15 - und vom 24. November 2015 - 11 M 25.15 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Januar 2009 - 2 S 1949/08 -, zit. nach juris Rn 18 ff., OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 25. August 2008 - 16 E 1189/07 -, beide zit. nach juris).

Davon ausgehend kommt es für den geltend gemachten Befreiungsanspruch auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Klägerin im konkreten Fall tatsächlich die vom Verwaltungsgericht im Hinblick auf die geltend gemachte, behinderungsbedingt verlängerte Studienzeit angeführte Möglichkeit gehabt hätte, eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer gem. § 15 Abs. 3 BAFöG zu beantragen, oder ob dem gem. § 7 Abs. 3 BAFöG ein (durch die vorgelegte Immatrikulationsbescheinigung, die das Wintersemester 2013/2014 als 9. Hochschul- und 7. Fachsemester ausweist, so nicht belegter) Fachrichtungswechsel "ab dem 5. Hochschulsemester" entgegengestanden hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 188 Abs. 2 VwGO und § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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