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Ich komme aus Goslar am Harz

Foto Sigmar Gabriel _Foto: Christian Bunkert

Goslar am Harz ist mein Zuhause. Hier wurde ich am 12. September 1959 geboren. Hier bin ich zur Schule gegangen und aufgewachsen. Es geht mir wie vielen Menschen: Ich liebe meine Heimat, ganz einfach, weil es „meine“ ist. In Goslar leben viele meiner Freunde, Weggefährten und nun auch meine Familie. Sobald ich auf der Heimfahrt aus dem Auto das Ortsschild Goslar sehe, sind viele Berliner Sorgen weit weg.

Meine Kinder heißen Saskia und Marie. Saskia ist mittlerweile erwachsen – und eine offene wie kritische Gesprächspartnerin ihres Vaters. Marie ist noch im Kindergartenalter und hält ihre Mutter Anke und mich ganz schön auf Trab…

Seit 2012 bin ich mit Anke verheiratet. Sie ist selbständige Zahnärztin. Anke, Saskia und Marie sorgen für meine Bodenhaftung. Wenn ich nach Berlin muss, fragt mich meine Frau manchmal spöttisch: „Na, musst Du wieder mal die Welt retten? Hier zu Hause gäbe es auch genug zu tun!“

Schwester Toni

Oft und gern denke ich an meine Mutter. Sie hieß Antonie. Von vielen in Goslar nur „Schwester Toni“ genannt, weil sie eine bekannte und engagierte Krankenschwester im Goslarer Krankenhaus war. Der Schichtdienst im Krankenhaus war sicher anstrengend. Aber wir Kinder spürten: Sie ist immer für uns da und schützt uns. Mit Herz und Verstand und mit viel Liebe. Sie war eine kleine und zierliche Person mit einem großen Kämpferherz. Sie ist bis heute ein Vorbild für mich. Bis zu ihrem Tod im stolzen Alter von 92 Jahren wohnte sie in Goslar – auch ein Grund, hierher zurück zu kehren.

Meiner Mutter war Bildung wichtig. Sie wusste, dass Wissen der Schlüssel für ein gutes Leben ist. Deshalb achtete sie darauf, dass ich lerne und die Schule auch erfolgreich beendete. Gelegentlich auch mit sanftem, manchmal auch mit deutlichem Druck. Sie sorgte dafür (was damals keine Selbstverständlichkeit war), dass ich nach der mittleren Reife das Abitur machen konnte.

Fotp Sigmar Gabriel und seine Mutter Antonie _Foto: Frank Ossenbrink

Kein Kind zurücklassen

Foto Sigmar Gabriel als junger Mann _Foto: Frank Ossenbrink

Kein Kind zurück lassen. Es gibt kaum etwas Wichtigeres. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Als ich 10 Jahre alt war, wollte mich eine Lehrerin zur Sonderschule schicken, weil ich angeblich zu dumm war und zu viel Ärger machte. In Wahrheit war es unsere Familiensituation, mit der ich nicht klar kam. Sieben Jahre dauerte der Vormundschaftsprozess um das Sorgerecht für mich. Als ich 10 Jahre alt wurde, war er endlich entschieden und ich kam zu meiner Mutter. Ein halbes Jahr später gehörte ich in der Klasse zu den Besten. Also: Nie ein Kind aufgeben.

Dass es manchmal schwierig im Leben ist, das haben wir zuhause auch erleben müssen. Aus eigenem Erleben weiß ich, was alleinerziehende Mütter leisten – im Beruf und für ihre Kinder. Nicht nur materiell, sondern auch weil unsere Mutter um uns kämpfen musste. Vor allem gegen unseren Vater. Wir sind ihr bis heute dafür dankbar. Denn unser Leben wäre wohl anders und schlechter verlaufen ohne ihr Kämpferherz.

Sich kümmern lernen

Nach der Schule ging ich „zum Bund“. Für zwei Jahre hatte ich mich verpflichtet, aber ich habe es nur bis zum Obergefreiten gebracht. Nach der Bundeswehr zog es mich an die Universität. Zuerst wollte ich mich für Chemie einschreiben. Der Berufsberater empfahl mir jedoch eine Lehrerausbildung. Aus heutiger Sicht: klassische Fehlberatung! Nach Abschluss meines Studiums der Germanistik, Politik und Soziologie für das Lehramt an Gymnasien gab es keine Stellen mehr: Einstellungsstopp der CDU-Landesregierung.

Also ging ich als Angestellter zum Bildungswerk der Volkshochschulen. Meine Aufgaben da waren: Deutsch für Ausländer und Berufsvorbereitung für arbeitslose Jugendliche. Im Rückblick war die Zeit an der VHS sehr wertvoll: Sich um Menschen zu kümmern, die es nicht so leicht haben im Leben, das hat mir Freude gemacht – und ich habe viel gelernt.

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Ein Falke findet sein Zuhause

Foto Sigmar Gabriel mit Willy Brandt _Foto: privat

In Goslar gab es zu meiner Schulzeit für Jugendliche nicht gerade ein großes Freizeitangebot. Ehrlich gesagt: Da war nichts los. Also forderten meine Freunde und ich ein Jugendzentrum für die Stadt. Die SPD diskutierte mit uns. Wir setzten unsere Forderung durch. Das war mein Weg in die sozialistische Jugendorganisation „Die Falken“.

Wir organisierten Konzerte und Zeltlager, demonstrierten gegen Atom-Raketen und Rechtsextreme und machten so nützliche Politik für die Jugendlichen vor Ort. Umso verständlicher ist es für mich heute, wenn die Jugendorganisationen der SPD uns „Altvordere“ auch mal heftig kritisieren. Ich bin froh, dass es so ist. Das hält die Partei (und mich) lebendig und gehört zur demokratischen Kultur unserer SPD.

Frieden und Menschenrechte
sind jede Mühe wert

Frieden und Menschenrechte, sauberes Wachstum oder gute Arbeit. Die Kernfragen der Politik haben immer auch eine internationale Dimension. Wir Deutschen sind dabei im Moment in Sachen Europa besonders gefordert. Wir dürfen das europäische Projekt nicht abschreiben oder schlechtreden.

Der Austausch mit Politikern aus anderen Ländern macht mir große Freude. Es weitet den Horizont und es entstehen auch neue Freundschaften. Aber: Diplomatie und internationale Politik sind manchmal auch sehr anstrengend – aber immer jede Mühe wert!

Foto: Sigmar Gabriel mit dem Fanzösischen Präsidenten Holland und Joachim Gauck beim Festakt zum 150 Geburtstag der SPD _Foto: Hans-Christian Plambeck

Das Wichtigste sind die Menschen

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Im Kern muss es doch in der Politik immer um die Frage gehen: Was ist das Beste für die Menschen? Egal ob im Bundestag oder im Gemeinderat. Darüber können und müssen sich Demokraten aller Parteien dann manchmal auch streiten. Aber am Ende müssen wir dazu in das Lage sein, Gemeinsamkeiten zu suchen und zu finden. Das ist mein Verständnis von glaubwürdiger Politik: Gut zuhören, ehrlich argumentieren  und dann aber auch entschlossen handeln.

„Systemrelevant“ sind zuallererst die Menschen. Es geht um die junge Schulabgängerin, die keinen Ausbildungsplatz findet. Es geht um die Eltern eines behinderten Kindes, die sich im Behörden- und Förderdschungel unseres Staates nicht zurechtfinden. Es geht um den Selbstständigen, der eine gute Geschäftsidee für ein kleines Unternehmen hat – aber keine Bank, die ihm Startkapital gibt.

Das sind die wirklich spannenden Fragen. Dafür bin ich in die Politik gegangen und das treibt mich bis heute an. Wenn ich es schaffe, das Leben von möglichst vielen ein Stück weit besser und leichter zu machen: Dann habe ich meine Berufung gefunden.

Einkommen

Im Kalenderjahr 2014 habe ich als Bundesminister für Wirtschaft und Energie Gehalt, als Mitglied des deutschen Bundestages Diäten und als Vorsitzender der SPD eine Aufwandsentschädigung erhalten. Meine Gesamteinkünfte beliefen sich auf 267.781 Euro brutto.

Meine Nettoeinkünfte im Jahr 2014 betrugen 133.446 Euro, das entspricht einem monatlichen Nettoeinkommen von 11.120 Euro.