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KIRCHE Feuchter Südwind

Der Dominikaner-Orden kann es nicht verwinden, daß die katholische Theologie-Professorin Uta Ranke-Heinemann einen seiner Ordensheiligen vom Sockel geholt hat.
aus DER SPIEGEL 3/1981
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Wenn Pater Willehad Paul Eckert, Prior des Dominikaner-Konvents Sankt Albert in Bornheim-Walberberg bei Köln, an die katholische Theologieprofessorin Uta Ranke-Heinemann erinnert wird, gerät er leicht in Rage.

Die Theologin, 53, die an der Universität Duisburg Neues Testament und Alte Kirchengeschichte für künftige Religionslehrer doziert, habe »statt des Verstandes die Emotion regieren« lassen und, »dummschlau«, »unsägliche Verleumdungen« abgesondert. »Kein Mittel«, findet der Pater, »ist ihr schlecht genug, daß sie es verschmähen würde.«

Den Ordensmann empörten zwei Äußerungen, mit denen die Duisburger Professorin vor dem Deutschlandbesuch Papst Johannes Pauls II. im vergangenen November »das Bild eines vielgepriesenen katholischen Heiligen ein wenig ergänzen« wollte.

Albert der Große, so die Professorin, sei, bei allem Respekt, »ein erbarmungsloser Unterdrücker und Vernichter jüdischer Gelehrsamkeit« gewesen. Der mittelalterliche Theologe habe im Jahre 1248 mit seinem Rat und seiner Unterschrift die Verbrennung von 24 Wagenladungen jüdischer Glaubensbücher gutgeheißen.

Überdies habe Albert »aus der abstrusen Biologie des griechischen Philosophen Aristoteles« (für den die Frau ein mißratener Mann war, unter »widrigen Umständen«, bei »feuchten Südwinden« entstanden) eine »Theologie von der Minderwertigkeit der Frau« konstruiert.

Textproben aus Alberts »Quaestiones de animalibus« ("Untersuchungen »ber die Lebewesen") lieferte die Theologin gleich dazu: Die Frau« » besteht aus zuviel Flüssigkeit, und es ist die Eigenschaft » » der Flüssigkeit, leicht aufzunehmen und schlecht zu behalten » » ... Darum sind die Frauen unbeständig und neugierig. Wenn die » » Frau mit einem Manne Verkehr hat, möchte sie möglichst zur » » gleichen Zeit unter einem anderen liegen. Die Frau kennt » » keine Treue. Kluge Männer teilen ihre Pläne und Taten ihren » Frauen nicht mit.

» Die Frau ist ein mißglückter Mann und hat im Vergleich zum » » Mann eine fehlerhafte Natur. Sie ist in sich unsicher. Was » » sie selber nicht erhalten kann, versucht sie zu erreichen » » durch Verlogenheit und teuflische Betrügereien. Darum ... muß » » man sich vor jeder Frau hüten wie vor einer giftigen Schlange » » und dem gehörnten Teufel. Wenn ich sagen dürfte, was ich über » » die Frauen weiß, würde die ganze Welt staunen. »

Papst Johannes Paul II. hatte den Autor dieses Textes anläßlich seines Deutschlandbesuches als »Lehrer des Glaubens und Vorbild christlichen Lebens« bezeichnet, befähigt, »dem Irrtum zu wehren, die Wahrheit aber zu vertiefen«. Seinen Deutschlandbesuch hatte der Papst eigens mit dem 15. November begonnen, um am 700. Todestag des Heiligen an seinem Grab in der Kölner St.-Andreas-Kirche zu beten.

Verständlich, daß der kirchlichen Hierarchie angesichts solch päpstlicher Wertschätzung die Duisburger Kritikerin quer kam. Dies um so mehr, als die Tochter des ehemaligen Bundespräsidenten Heinemann einst eine Art Vorzeige-Katholikin war: erster weiblicher Abiturient des Essener Burggymnasiums, Abitur mit Auszeichnung; 1953 zum katholischen Glauben konvertiert, 1954 in katholischer Theologie promoviert, 1970 zur ersten habilitierten Theologieprofessorin der katholischen Kirche ernannt.

Rudolf Bultmann, der bedeutendste protestantische Exeget dieses Jahrhunderts, hielt sie für eine »große Begabung«.

Doch kaum flügge, begann die große Begabung den katholischen Bischöfen immer unbequemer zu werden. Unbekümmert polemisierte sie gegen den »Sexualpessimismus« der katholischen Moral, gegen die Intoleranz der Kirche in Mischehenfragen.

»Schrecken und Verwirrung« ("Vrij Nederland") stiftete der »rote Engel von Hanoi« mit Hilfsaktionen für nordvietnamesische Napalm-Opfer und verelendete Kambodschaner (ein Namensbeitrag im SPIEGEL 3/1980 brachte ihr Spenden über fünf Millionen Mark ein). 20 Millionen Mark für einen Papstbesuch dagegen fand sie entschieden zuviel.

»Kann man eigentlich«, fragte der Schmallenberger Pfarrer Wolfgang Rademacher in einem Brief an die Theologin, »Konvertiten, die sich in unserer Kirche nicht wohl fühlen, wieder zurückschicken?«

Verständlich, daß eine solche Theologin nicht gegen einen Papst recht behält. Mit leichter Hand wurde der heilige Albert ganz kirchenoffiziell schnell wieder weißgewaschen.

Der Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Höffner nahm sich der Sache persönlich an. In einer »neuen Epoche emotional-ideologischer Auseinandersetzungen« werde nun auch der heilige Albert »in den emotionalen Strudel hereingezogen« -- nichts als »Verfälschungsversuche«, »gesetzwidrig«.

Da mögen die Originalquellen Alberts Judenfeindlichkeit noch so eindeutig dokumentieren. Da mögen Historiker wie Salo Wittmayer Baron oder Leon Poliakov die Verstrickung des Gelehrten Albert in die Judenfeindlichkeit der kirchlichen Hierarchie, vor allem auch des Dominikaner-Ordens längst dargetan haben. Für den Kardinal stand sogleich fest: »Jede« Behauptung der Theologin »ist falsch«.

Die Verteidigung der Frauen-Theologie Alberts übernahm der Dominikaner Eckert. Uta Ranke-Heinemann habe wohl Texte und Autoren durcheinandergebracht, mutmaßte er zunächst. Als er schließlich zugeben mußte, daß die Texte doch von Albert stammten, befand er, der Heilige habe seine Frauen-Thesen nur »spielerisch-experimentierend« gemeint; er habe sich erlaubt, mal einen »Scherz zu machen« und »Redensarten des Mittelalters« kolportiert, »über die man sich damals köstlich amüsiert« habe. S.55 Alberts Texte gegen den Heiligen auszulegen, spreche für eine korrupte Gesinnung, attestierten der Professorin Hunderte Katholiken-Briefe. »Liebe Ute, Du altes Hurenweib, verrecke, Du alte Nutten-Sau, Du geiles Rennpferd«, schrieben »Albertus-Magnus-Freundinnen« aus Alberts Geburtsort Lauingen.

Weit feinfühliger rechnen die Dominikaner mit ihrer Rivalin ab. Neben dem Angebot, im Frühjahr mit ihr über den Kasus zu diskutieren, deuteten sie noch eine andere Möglichkeit an.

»Verständlich wohl«, schrieb »im Auftrag von Pater Eckert« die Philosophisch-Theologische Hochschule der Dominikaner im rheinischen Walberberg, »daß den Dominikanern gerichtliche Schritte vorbehalten bleiben.«

Wahrheitsfindung auf katholisch.

S.54

Die Frau besteht aus zuviel Flüssigkeit, und es ist die Eigenschaft

der Flüssigkeit, leicht aufzunehmen und schlecht zu behalten ...

Darum sind die Frauen unbeständig und neugierig. Wenn die Frau mit

einem Manne Verkehr hat, möchte sie möglichst zur gleichen Zeit

unter einem anderen liegen. Die Frau kennt keine Treue. Kluge Männer

teilen ihre Pläne und Taten ihren Frauen nicht mit.

Die Frau ist ein mißglückter Mann und hat im Vergleich zum Mann eine

fehlerhafte Natur. Sie ist in sich unsicher. Was sie selber nicht

erhalten kann, versucht sie zu erreichen durch Verlogenheit und

teuflische Betrügereien. Darum ... muß man sich vor jeder Frau hüten

wie vor einer giftigen Schlange und dem gehörnten Teufel. Wenn ich

sagen dürfte, was ich über die Frauen weiß, würde die ganze Welt

staunen.

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