Innenminister Gerhart Baum von der FDP geht einen schweren Gang. Es ist der 19. Januar 1981, als die Fernsehkameras den für die Umwelt zuständigen Mann der Bundesregierung ins Bild setzen. Baum steht unter ungeheurem Druck, und er verlangt auf seiner Pressekonferenz auch Ungeheuerliches. Ein Stoff, der in der Industrie und in Millionen Gebäuden und Haushalten omnipräsent ist und unentbehrlich erscheint, soll aus dem Verkehr gezogen werden: Asbest!

Baum hat sich von seiner Fachbehörde, dem Umweltbundesamt (UBA), beraten lassen. Deren 411 Seiten schwerer Bericht 7/80 über das krebserregende Mineral hat schon vor seiner Veröffentlichung einen Sturmlauf der Industrie und wütende Briefwechsel ausgelöst; der Vorstandsvorsitzende des Asbestkonzerns Eternit, Wolf Lehmann, vergleicht die Auswirkungen der Studie mit denen eines "Erdbebens". In der Tat ist der Bericht von beträchtlicher Wucht. Die UBA-Beamten dokumentieren darin mit klinischer Präzision die nicht mehr tolerierbaren Risiken. Sie fordern "Verwendungsbeschränkungen asbesthaltiger Produkte", zumal viele Ersatzstoffe "anwendungsreif und im Handel verfügbar" seien. Baum ist entschlossen, die Konsequenzen zu ziehen. Die Bundesregierung, so verkündet er, will den Gebrauch von Asbest einschränken und "in bestimmten Bereichen ganz verbieten". Die Superfaser soll, wo immer es geht, verschwinden.