Erstmals haben US-Flugzeuge die von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) kontrollierte libysche Stadt Sirte attackiert. Das teilte das amerikanische Verteidigungsministerium mit. Der Ministerpräsident der libyschen Einheitsregierung in Tripolis, Fajis al-Sarradsch, sagte, seine Regierung habe die USA um Luftangriffe gebeten. Damit wolle man die eigenen Soldaten am Boden im Kampf gegen den IS unterstützen. Bei den Angriffen habe es "hohe Verluste" gegeben, Einzelheiten nannte er aber nicht.
Die Einheitsregierung versucht seit Mai, mit einer Militäroffensive Sirte vom IS zurückzuerobern. Anfang Juni rückten sie mit Luftwaffe und Artillerie in die Küstenstadt vor. Die verbliebenen Dschihadisten sind zurzeit in Sirte eingekesselt. Dabei handelt es sich nach US-Angaben um bis zu 1.000 Kämpfer. Bisher gab es bei den Gefechten auf beiden Seiten viele Tote.
Der US-Angriff soll nur der erste in einer Reihe sein, sagte Pentagon-Sprecher Peter Cook. Die Attacke habe einem Panzer und anderen Fahrzeugen des IS gegolten. In der Vergangenheit hatten die USA Diplomaten zufolge bereits mehrmals die Intention geäußert, den IS in Libyen aus der Luft angreifen zu können. Allerdings fehlte bislang eine formale Bitte der von der UN anerkannten Einheitsregierung. Beobachter vermuten, dass die damit deshalb so lange wartete, weil sie interne Kritik befürchtete. Demnach könnte eine amerikanische Intervention den Eindruck erwecken, vom Westen abhängig zu sein.
Dabei hatten die USA schon vorher zwei Mal Luftangriffe auf den IS
in anderen Landesteilen geflogen. So kamen bei einem Angriff auf ein
mutmaßliches Terrorcamp der Dschihadisten im Februar zahlreiche Menschen
ums Leben.
Die Eroberung der Stadt würde die Macht der Einheitsregierung stärken
Das 450 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis gelegene Sirte ist seit Juni 2015 der wichtigste Stützpunkt der IS-Miliz in Libyen. Der IS herrscht dort brutal. Die Einnahme der Stadt wäre ein wichtiger Erfolg für die Regierung der Nationalen Einheit. Diese versucht weiterhin, ihre Autorität in dem nordafrikanischen Land zu etablieren. Zurzeit wird sie zwar international anerkannt, jedoch nicht von der konkurrierenden Regierung im ostlibyschen Tobruk. Auch die ostlibysche Armeeführung hatte die Befreiung von Sirte angekündigt.
Nach dem Sturz und dem Tod des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 war Libyen ins Chaos gestürzt. Seitdem beherrschen zahlreiche bewaffnete Milizen das ölreiche Land. Der IS nutzte die unübersichtliche Lage in Libyen, um sich auszubreiten.