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Eva & Adele

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Adele und Eva, fotografiert von Oliver Mark, Berlin 2002

Eva & Adele (Eigenschreibweise EVA & ADELE) war ein Künstlerpaar aus Deutschland mit Wohnsitz in Berlin. Eva starb am 21. Mai 2025.[1][2] Sie verstanden sich als Gesamtkunstwerk und waren vor allem durch ihre lebenslange und permanente Performance bekannt. Sie traten künstlerisch und im Alltag ausschließlich gemeinsam auf, stets in identischen Outfits. Seit 1997 waren sie auch mit materiellen Werken seit ihrer ersten Einzelausstellung CUM im Sprengel Museum im Ausstellungsbetrieb vertreten. Neben den Auftritten in der Öffentlichkeit arbeiteten sie mit den Medien Fotografie, Video, Skulptur und Malerei.[3]

Eva wurde biologisch als Junge geboren. 2011 ließ sie ihren Personenstand offiziell in „weiblich“ ändern, nachdem ein Gericht ihrem Antrag stattgegeben hatte. Sie erklärte, dass ihr „Körper zwar männlich“ sei, ihre „Seele jedoch nicht“.[4]

Im April 1991 startete mit der Hochzeit „Metropolis“[5] offiziell das lebenslange und permanente Kunstprojekt EVA & ADELE, die vorangegangene Biographie beider Künstlerinnen wurde komplett ausgelöscht. Selbst behaupteten sie, sie wären 1991 mit einer Zeitmaschine aus der Zukunft in Berlin gelandet.[6] Immer erschienen sie seither in exzentrischen, oft pinkfarbenen Damenkostümen, Stöckelschuhen, Handtäschchen, mit kahlgeschorenen Köpfen und bunt geschminkten Gesichtern. Das stilisierte Äußere illustrierte ihren Anspruch als lebendes Kunstwerk. Die Künstlerinnen verstanden sich selbst als „work of art“, Leben als Kunst und Kunst als Leben. Obwohl ihr Äußeres weiblich konnotiert ist, traten sie für eine Geschlechtsidentität ein, die sich nicht durch Gesellschaft definiert, sondern frei wählbar ist. Einer ihrer Slogans hierzu: Over the Boundaries of Gender (Über die Grenzen der Geschlechter hinweg).

Eva & Adele, Mailand (2007)

Als lebendes Kunstwerk in einer ewigen Performance ließen sie sich kommunikativ auf Menschen ein. Die hierbei entstandenen Fotografien ließen sie sich von den Rezipienten zusenden und verwandelten sie im Atelier in Bilder, das heißt, sie wurden wieder dem Kunstkontext zugeführt. Dies ist der Werkkomplex Cum. Ähnlich gingen Eva & Adele mit Fotografien um, die sie von sich selbst in den Medien fanden. Dieser Werkkomplex nennt sich Mediaplastic. In ihren Echtzeit-Videos thematisierten sie die Leistung ihrer Performance.[4]

Rosa von Praunheim porträtierte Eva & Adele 2012 im Rahmen der Filmreihe Rosas Welt.[7]

Im Gegensatz zu Gilbert & George, die sich ebenfalls als lebendes Kunstwerk verstehen, haben Eva & Adele ihre reale Identität aufgegeben. Ihre artifizielle Erscheinung lässt keinerlei Rückschlüsse auf die beiden Personen zu. Als Referenz dient der Slogan Coming out of the Future. Als Biographie geben sie lediglich ihre Körpermaße an, so wie auch ein Kunstwerk vermessen wird:

Eva Adele
Körpergröße 176 161
Oberweite 101 86
Taille 81 68
Hüfte 96 96
Alle Angaben in cm.

Eva & Adele wurden von verschiedenen Künstlern filmisch porträtiert.[8][9] Da sich Eva & Adele als lebendes Kunstwerk verstanden, „vollzieht“ sich Museum überall dort, wo sie sind Wherever we are is Museum (Wo immer wir sind, ist Museum).[10][11]

Futuring (FUTURING) ist eine Worterfindung des Künstlerpaares. Als Kunstwerk veröffentlichten Eva & Adele diese Worterfindung erstmals in Stempelform im Jahr 1991 anlässlich ihrer Performance Hochzeit Metropolis im Martin-Gropius-Bau, Berlin. Seither nahm das Kunstwort Futuring eine Schlüsselfunktion in ihrem Werk ein. Der Begriff taucht in nahezu allen entsprechenden künstlerischen Medien, auf Ausstellungen und in deren Begleitprogrammen auf.

Ausstellungen (Auswahl)

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Eva & Adele (links) am 10. März 2013 auf der Vernissage ihrer Ausstellung Futuring im MARTa Herford
Eva während des Tages der offenen Tür in der Kulturbrauerei Bötzow, Berlin, 2013

Eva & Adele nahmen außerdem seit 1997 an zahlreichen Kunstaktionen und Gruppenausstellungen in Europa, den USA und Asien teil.[12]

  • Kévin Bideaux: « D’EVA ET ADELE À “EVA & ADELE”. DE L’ART À LA VIE ET INVERSEMENT : LES TRANSITIONS D’EVA & ADELE » Images Re-Vues, Hors-série 11, « Corps en transition : une réflexion sur l’histoire des représentations du corps en mutation », 2023, doi:10.4000/imagesrevues.13888.
  • Nicole Gnesa (Hrsg.): Eva & Adele. Keep the Rosy Wing Strong. Hirmer Verlag, München 2021, ISBN 978-3-7774-3883-2.
  • EVA & ADELE: YOU ARE MY BIGGEST INSPIRATION. Hrsg. v. Musée d'Art moderne de la Ville de Paris und EVA & ADELE, München 2016 (mit Textbeiträgen von Fabrice Hergott, Marcus Steinweg und Julia Garimorth), ISBN 978-3-7774-2614-3.
  • EVA & ADELE: OBSIDIAN. Marta Herford 2013 (mit Texten von Roland Nachtigäller, Reinhard Ermen und Jan-Philipp Fruehsorge).
  • EVA & ADELE: FUTURING. Weltkulturerbe Völklinger Hütte, Heidelberg 2012 (mit Textbeiträgen von Meinrad Maria Grewenig, Frank Krämer und Angeli Janhsen).
  • EVA & ADELE, ROSA ROT. Hrsg. von Museum der Moderne Salzburg und Lentos Kunstmuseum Linz. DuMont Buchverlag, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-9096-5 (mit Textbeiträgen von Margit Zuckriegl, Sabine Kampmann und Nina Kirsch).
  • EVA & ADELE: Day by Day – Painting. The Nordic Watercolour Museum, Ostfildern-Ruit 2003 ISBN 3-7757-9184-1 (mit Textbeiträgen von Bera Nordal, Andreas Schalhorn und Sabine Kampmann),.
  • EVA & ADELE: Logo – Mediaplastic-Wings-Lingerie. Saarlandmuseum, Overbeck-Gesellschaft, Neuer Sächsischer Kunstverein, Ostfildern-Ruit 2000, ISBN 3-7757-9039-X (mit Textbeiträgen von Thea Herold, Gesine Last und Dietmar Kamper).
  • EVA & ADELE: Wherever we are is Museum. Neuer Berliner Kunstverein, Ostfildern-Ruit 1999, ISBN 3-89322-979-5 (mit Textbeiträgen von Renate Puvogel, Robert Fleck, Thomas Wulffen und Paolo Bianchi).
  • EVA & ADELE: Nota – Licht auf Weimar. Licht auf Weimar – Die ephemeren Medien, Ostfildern-Ruit 1999, ISBN 3-89322-244-8 (mit Textbeiträgen von Dietmar Kamper und Bernd Rosner).
  • EVA & ADELE: Cum. Sprengel Museum Hannover, Ostfildern-Ruit 1997, ISBN 3-89169-118-1 (mit Textbeiträgen von Ulrich Krempel und Paolo Bianchi).
  • EVA & ADELE: Close-up & Blow-up. Galerie Jérôme de Noirmont, Paris 2000 (mit einem Textbeitrag von Robert Fleck).
Commons: Eva & Adele – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Eva von „Eva & Adele“ ist tot – Berlins berühmtestes Künstlerduo verliert eine Hälfte. 21. Mai 2025, abgerufen am 21. Mai 2025.
  2. Künstlerin Eva vom Performance-Duo Eva & Adele gestorben. Monopol, 21. Mai 2025, abgerufen am 21. Mai 2025.
  3. Evelyn Vogel: Das performative Gesamtkunstwerk Eva & Adele in München. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2022, abgerufen am 22. Mai 2025.
  4. a b Helen Pidd: Eva & Adele: We invented our own sex. In: The Guardian. 1. November 2011, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 22. Mai 2025]).
  5. Sebastian Preuss: Radikal Vereint. Zeit, 27. April 2018, abgerufen am 5. November 2020.
  6. Cornelia Gockel: EVA & ADELE Eine Zeitmaschine in Berlin. Fresko Magazin, Februar 2014, abgerufen am 5. November 2020.
  7. Rosas Welt - 70 neue Filme von Rosa von Praunheim. Internet Movie Database, abgerufen am 26. März 2022.
  8. Eva & Adele | filmportal.de. Abgerufen am 23. Mai 2025.
  9. Leo Leigh: Eva & Adele - Futuring. U-Dox, 21. Dezember 2011, abgerufen am 23. Mai 2025.
  10. EVA & ADELE – Coming out of the future. In: Österreichischer Skulpturenpark. Universalmuseum Joanneum, abgerufen am 23. Mai 2025 (österreichisches Deutsch).
  11. Robert Fleck: Eva & Adele: Wherever We Are Is Museum. Cantz, 1999, ISBN 978-3-89322-979-6 (amazon.com).
  12. EVA & ADELE. Abgerufen am 23. Mai 2025.