VG Schwerin, Urteil vom 19.10.2016 - 6 A 1685/14
Fundstelle
openJur 2020, 12451
Rechtskraft:

Zum Anspruch eines Studenten auf Rundfunkbeitragsbefreiung nach der allgemeinen Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV, für den nach Ausschöpfung sämtlicher BAföG Förderungsmöglichkeiten kraft Gesetzes auch allgemeine Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen sind und dessen Einkünfte den sozialhilferechtlichen Regelsatz unterschreiten (hier verneint)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht.

Der seit April 2013 unter der Teilnehmernummer ... als Beitragsschuldner geführte Kläger beantragte mit Schreiben vom 26. Mai 2013, beim Beklagten am 20. Juni 2013 eingegangen, Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 6 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV). Dabei legte er eine Studienbescheinigung für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2013 vor und wies darauf hin, dass er wegen Überschreitung der Förderungshöchstdauer keine Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) mehr erhalte. Sein Einkommen liege bei monatlich knapp 400,-- Euro und damit unter den für Sozialhilfeleistungen geltenden Einkommensgrenzen. Von SGB II-Leistungen sei er gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Einen entsprechenden Sozialleistungsbescheid könne er daher nicht vorlegen.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2013 lehnte der Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass ihm eine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen wegen Einkommensüberschreitung verwehrt worden sei. Die Voraussetzungen für die Befreiung aufgrund eines besonderen Härtefalls seien ebenfalls nicht erfüllt.

Mit Schreiben vom 2. August 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die am 15. August 2013 fälligen Rundfunkbeiträge hin und erinnerte mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 an die Zahlung.

Daraufhin wandte sich der Vater des Klägers mit Schreiben vom 25. Oktober 2013 an den Beklagten, zeigte dessen Vertretung an und wies darauf hin, dass weder eine Festsetzung des Beitrags gegenüber dem Kläger erfolgt sei, noch über dessen Befreiungsantrag entschieden worden sei.

Auf das Informationsschreiben des Beklagten vom 23. Dezember 2013 wies der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 20. Januar 2014 darauf hin, dass der Ablehnungsbescheid vom 31. Juli 2013 dem Kläger erstmals mit jenem Schreiben als Zweitschrift bekanntgegeben worden sei. Zugleich legte er Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein.

Mit dem Kläger nicht zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 11. August 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung stützte er sich zunächst darauf, dass der Widerspruch nicht zulässig sei, weil die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht eingehalten worden sei. Der Ausgangsbescheid sei dem Kläger bereits im August 2013 bekanntgegeben worden. Im Hinblick darauf, dass der seinerzeit versandte Bescheid nicht als unzustellbar zurückgesandt worden sei, bestünden keine Zweifel am ordnungsgemäßen Zugang.

Im Übrigen sei der Widerspruch auch unbegründet. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 RBStV sei an den Empfang bestimmter sozialer Leistungen gebunden oder für den Personenkreis taubblinder Menschen möglich. Einen allgemeinen Befreiungstatbestand „geringes Einkommen“ sehe das Gesetz dagegen nicht vor. Der Kläger habe jedoch einen Nachweis im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV, der Voraussetzung für eine entsprechende Befreiung sei, nicht vorgelegt. Er könne auch nicht nach § 4 Abs. 6 RBStV aufgrund eines besonderen Härtefalles von der Rundfunkbeitragspflicht befreit werden. Die Vorschrift stelle nämlich keinen Auffangtatbestand dar, der stets dann eingreife, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV nicht erfüllt seien. Auch liege im Fall des Klägers kein atypischer Sachverhalt vor, den der Gesetzgeber, hätte er ihn gekannt, zu dessen Gunsten geregelt hätte. Vielmehr habe er den Personenkreis von Studenten, die ihren Lebensunterhalt ohne ergänzende Sozialleistungen und mit einem nur geringen Einkommen bestreiten müssten, vor Augen gehabt. Gleichwohl sei die Befreiungsmöglichkeit für Studenten auch insoweit in § 4 Abs. 1 Nr. 5 RBStV abschließend geregelt. Daher könne hier weder von einem atypischen Sachverhalt noch von einer unbewussten Regelungslücke ausgegangen werden.

Mit der am 17. September 2014 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Befreiungsbegehren weiter.

Er weist darauf hin, dass insbesondere aus einem fehlenden Rücklauf des seinerzeit angeblich versendeten Bescheides nicht auf dessen Bekanntgabe geschlossen werden könne.

In der Sache habe er, da er seinen allgemeinen Lebensunterhalt (ohne Kosten der Unterkunft und Heizkosten) mit einem monatlichen Einkommen in Höhe von 300,-- Euro bestreiten müsse, einen Anspruch auf Befreiung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV aufgrund eines besonderen Härtefalls. Sein Einkommen liege nämlich unterhalb des soziokulturellen Existenzminimums, was er ohne weiteres nachweisen könne und ausdrücklich versichere. Wegen eines Fachrichtungswechsels habe er keinen Anspruch mehr auf BAföG-Leistungen. Ihm sei es auch im Übrigen nicht möglich, einen Sozialleistungsbescheid im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV vorzulegen. Da er bereits dem Grunde nach keinen Sozialleistungsanspruch habe, verweigerten die Sozialleistungsbehörden eine Einkommensberechnung. Die Versagung der Befreiung für Studenten, die in einer solchen Situation nur über ein derart geringes Einkommen verfügten, verstoße gegen die Menschenwürde. Es könne ihnen nicht zugemutet werden, im Hinblick auf die Beitragspflicht die Ausbildung abzubrechen, die Wohnung aufzugeben oder neben einem Vollzeitstudium eine Arbeit anzunehmen. Auch sei es sehr fraglich, ob der Kläger nach Aufgabe des ersten Studiums überhaupt noch dem Grunde nach einen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern habe. In jedem Fall seien diese nicht leistungsfähig. Im Übrigen habe bereits das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass insoweit auch andere Härtefallgesichtspunkte geltend gemacht werden könnten.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 31. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn auf seinen Antrag vom 26. Mai 2013 von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.

Für den Fall, dass nach Auffassung des Gerichts ein entsprechender Befreiungsanspruch nicht bestehe, beantragt er hilfsweise,

die Befreiungsregelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages dem zuständigen Verfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorzulegen,

und insoweit hilfsweise weiter,

die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, um die Frage zu klären, ob überhaupt eine Gesetzgebungskompetenz der Länder hinsichtlich einer geräteunabhängigen Rundfunkbeitragspflicht besteht.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung weist er ergänzend darauf hin, dass der Gesetzgeber mit Blick auf die staatliche Förderung von Studenten auch insoweit eine Regelung getroffen habe, die weder sachlich ungerechtfertigt sei noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Vielmehr sei mit der Anlehnung der Befreiungsmöglichkeit an den Erhalt von staatlichen Leistungen ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt worden. Die Typengerechtigkeit des Abgabenrechts, die es dem Gesetzgeber gestatte, zu verallgemeinern und zu pauschalieren, sei auch damit eingehalten. Die soziale Fürsorge werde dadurch nicht eingeschränkt. Vielmehr werde ein Gleichlauf zwischen staatlichen Sozialleistungen und der Rundfunkbeitragsbefreiung gewährleistet. Ausschlaggebend sei hier, dass der Kläger zwar in den Kreis der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Empfänger von staatlichen Leistungen falle, aber tatsächlich keine Leistungen erhalte und demzufolge auch keinen nach § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV geforderten Nachweis vorlegen könne. Die Rundfunkanstalten selbst hätten keine Möglichkeit, die tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu prüfen.

Mit dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag habe sich auch an der Grundstruktur der Härtefallregelung nichts geändert. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 2011 (1 BvR 665/10) und vom 30. November 2011 (1 BvR 3269/08 und 1 BvR 656/10) hätten ebenfalls nicht dazu geführt, dass die Rundfunkanstalten selbst Einkommensberechnungen durchzuführen hätten. Dies gelte auch für die auf dieser Rechtsprechung beruhende Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV. Ansonsten könne ein besonderer Härtefall nur bei einer atypischen, versehentlich nicht geregelten Konstellation angenommen werden, die hier nicht vorliege. Im Übrigen stünde es dem Kläger frei, zusätzlich zu den Einkünften aus seiner Erwerbstätigkeit Wohngeld und einen Studienkredit zu beantragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten, und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerseite im Verhandlungstermin verhandeln und entscheiden, weil der Kläger mit der Ladung auf diese Folgen des Ausbleibens im Termin hingewiesen worden ist (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO) ist nicht etwa deshalb unzulässig, weil das gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO vor Klageerhebung durchzuführende Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchlaufen ist. Entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid hat der Kläger die Frist zur Erhebung des Widerspruchs (§ 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nämlich nicht versäumt. Vor Übersendung des Bescheides vom 31. Juli 2013 an die Klägerseite mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 kann von dessen Bekanntgabe nach § 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwVfG M-V nicht ausgegangen werden. Der Beklagte hat auch auf die gerichtliche Hinweisverfügung vom 6. Oktober 2016 eine vorherige Aufgabe des Bescheides zur Post in keiner Weise belegt. Ebenso wenig hat er den Zugang des Bescheides nachgewiesen.

Die Klage ist unbegründet, weil dem Kläger der im Hinblick auf sein Schreiben vom 26. Mai 2013 geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nicht zusteht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Befreiungsvoraussetzungen liegen ebenso wenig vor wie ein besonderer Härtefall im Sinne von § 4 Abs. 6 RBStV. Da der Beklagte den Befreiungsantrag des Klägers vom 26. Mai 2013 daher zu Recht abgelehnt hat, sind der Bescheid vom 31. Juli 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 11. August 2014 rechtmäßig und verletzen den Kläger (auch) nicht in seinen Rechten.

Gemäß § 4 Abs. 1 RBStV werden natürliche Personen in den Fällen, die in den Nummern 1 bis 10 der Vorschrift geregelt sind, auf Antrag von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV befreit. Der Beginn des Befreiungszeitraums bemisst sich nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 RBStV. Nach § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV sind die Voraussetzungen für die Befreiung durch die entsprechende Bestätigung einer Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 RBStV hat der Gesetzgeber für sämtliche Befreiungstatbestände das Grundprinzip aus dem vorangegangenen Rundfunkgebührenstaatsvertrag übernommen, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung zusteht, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und mit deren Bescheid bestätigt wurde (sog. „bescheidgebundene“ Befreiungsmöglichkeit). Die Befreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 RBStV sind abschließend geregelt und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 09.03.2016 - 3 D 100/15 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.10.2015 - OVG 11 B 7.13 -, juris).

Danach kann sich der Kläger auf keinen der in § 4 Abs. 1 RBStV geregelten Befreiungstatbestände berufen. In dem von ihm geltend gemachten Zeitraum gehörte er insbesondere nicht (mehr) zu den Empfängern von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a RBStV). Auch erhielt er keine anderen Leistungen im Sinne von § 4 Abs. 1 RBStV.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Beitragsbefreiung wegen eines Härtefalls nach § 4 Abs. 6 RBStV. Danach hat die Landesrundfunkanstalt den Antragsteller in besonderen Härtefällen von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien. Nach § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV liegt ein Härtefall insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkgebührenbeitrags überschreiten. Die Voraussetzungen für die Annahme eines besonderen Härtefalls sind hier weder im Sinne des Satzes 2 („insbesondere“) noch des Satzes 1 des § 4 Abs. 6 RBStV erfüllt.

Die Annahme eines Härtefalls im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV scheidet aus, weil die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die insoweit für den Kläger in Betracht kommende Sozialleistung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a RBStV ist nämlich nicht in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt worden, dass die Einkünfte die Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rundfunkbeitragsbefreiung nach der allgemeinen Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV.

Nicht unter diese Vorschrift fallen von vornherein diejenigen Fälle, die vom Normbereich des § 4 Abs. 1 RBStV erfasst werden. Seit Einführung der "bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit" durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8. Oktober 2004, fortgeführt durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, kann die bloße Einkommensschwäche als solche im Gegensatz zum davor geltenden Recht (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 und 8 der damaligen Befreiungsverordnungen) nicht mehr zur Befreiung von der Rundfunkgebühren- bzw. -beitragspflicht führen. Die vertragschließenden Länder strebten damit auch nach dem nun geltenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag eine Erleichterung des Verfahrens an, um die bislang umfangreichen und schwierigen Berechnungen (auch) der Rundfunkanstalten bei der Befreiung wegen geringen Einkommens zu vermeiden. Mit der Intention des Gesetzgebers wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Landesrundfunkanstalten oder der für sie handelnde Beitragsservice das Vorliegen eines Härtefalles nach § 4 Abs. 6 RBStV auch dann unter Berücksichtigung der jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Einzelfall zu prüfen hätten, wenn keine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Situation vorliegt, sondern eine Bedarfslage, für die der Normgeber keine Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV gewähren wollte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.10.2015 – OVG 11 B 7.13 –, juris Rn. 27 ff.; BVerwG, Urt. v. 12.10.2011, – 6 C 34/10 –, juris Rn. 17 ff.).

Daher ist im Hinblick auf die Härteregelung in § 4 Abs. 6 RBStV (ebenso wie bei der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 3 RGebStV) davon auszugehen, dass in denjenigen Fällen, die vom Normbereich des § 4 Abs. 1 RBStV (vorher § 6 Abs. 1 RGebStV) erfasst sind, ein Rückgriff auf die Härteregelung grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Erfüllt der Rundfunkteilnehmer nicht die in den dort aufgeführten Leistungsgesetzen genannten Voraussetzungen für einen Leistungsbezug, d.h. kann er keinen Nachweis im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV vorlegen, scheidet in aller Regel auch eine Rundfunkbeitragsbefreiung (zuvor Rundfunkgebührenbefreiung) aus.

Kommen danach bei einem Studenten nach Ausschöpfung sämtlicher Förderungsmöglichkeiten BAföG-Leistungen nicht mehr in Betracht und hat er wegen § 7 Abs. 5 SGB II schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, kann auch unter Geltung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages ein besonderer Härtefall selbst dann in aller Regel nicht angenommen werden, wenn dessen Einkünfte den sozialhilferechtlichen Regelsatz unterschreiten (vgl. auch VG Dresden, Urt. v. 21.06.2016 – 2 K 4069/14 –, juris Rn. 13; VG Hannover, Urt. v. 23.03.2016 – 7 A 2512/15 –, juris Rn. 15 ff.; VG Ansbach, Beschl. v. 18.12.2013 – AN 6 K 13.01024 –, juris Rn. 33 für den Fall eines nicht nach dem BAföG weitergeförderten Fachrichtungswechsels; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 07.10.2013 – 14 K 2595/13 –, juris Rn. 31 ff. für den Fall der Überschreitung der BAföG-Förderungshöchstdauer; VG des Saarlandes, Urt. v. 19.01.2014 – 6 K 162/13 –, juris für den Fall eines Studenten ohne Förderanspruch wegen Überschreitung der Förderungshöchstdauer oder nicht rechtzeitiger Vorlage der förderungsrechtlich erforderlichen Leistungsnachweise; VG Leipzig, Urt. v. 16.07.2014 – 1 K 3881/13 –, juris Rn. 27 ff. ebenfalls für den Fall eines nicht nach dem BAföG weitergeförderten Fachrichtungswechsels; vgl. aber auch OVG Bremen, Urt. v. 14.06.2016 – 1 LB 213/15 –, juris). Die beschriebene Situation von Auszubildenden stellt keine vom Landesgesetzgeber bei der Zustimmung zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag übersehene Sachverhaltskonstellation dar. Sie zwingt auch nicht dazu, vom Grundsatz der "bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit" abzuweichen. Dies gilt umso mehr, als bereits das Ausbildungsförderungsrecht auch auf die Verhältnisse des Einzelfalls Rücksicht nimmt und Härteregelungen vorsieht, etwa für den Fall des Fachrichtungswechsels (§ 7 Abs. 3 BAföG) und die Überschreitung der Förderungshöchstdauer (§ 15 Abs. 3 und 3a BAföG). In den Fällen des § 7 Abs. 2 und 3 BAföG ist auch Ausbildungsförderung in Gestalt eines Bankdarlehens nach § 17 Abs. 3, § 18c BAföG zu berücksichtigen, die ebenfalls zu den Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (§ 11 ff. BAföG) gehört.

Nach der Intention des Gesetzgebers soll ein studierender Wohnungsinhaber, der wegen Nichterfüllung der speziellen Voraussetzungen für Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und kraft Gesetzes zudem von allgemeinen Sozialleistungen ausgeschlossen ist, auch nicht aus sozialen Gründen von der Rundfunkbeitragspflicht befreit werden. Damit überträgt der Gesetzgeber die bundesrechtliche Wertung, welche Auszubildenden Anspruch auf die sozialrechtliche BAföG-Förderung haben sollen, auf die ebenfalls an sozialen Erwägungen orientierte Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Schließt der Gesetzgeber einen Auszubildenden, der eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung betreibt, etwa wegen einer Überschreitung der Förderungshöchstdauer von der weiteren Ausbildungsförderung (§ 15a BAFöG) und auch von der Gewährung von Sozialhilfe (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) sowie von Leistungen der Grundsicherung (§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II) aus, ist es sachlich nicht geboten, ihm trotzdem die Vergünstigung der Beitragsbefreiung aus sozialen Gründen zu gewähren.

Auf Grund der ausdrücklich geregelten Leistungsausschlüsse ist mithin davon auszugehen, dass der Sozialgesetzgeber es Studierenden, die keine BAföG-Leistungen erhalten, grundsätzlich zumutet, die Deckung ihres Bedarfs außerhalb des allgemeinen Sozialsystems sicherzustellen. Unter Berücksichtigung des Prinzips der parallelen Wertung der sozialen Bedürftigkeit in den Leistungsgesetzen ist es daher nicht zu beanstanden, dass der Rundfunkgesetzgeber gezielt nur Studierende, die ein Erststudium innerhalb einer bestimmten Studienzeit absolvieren, auch durch eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht fördern wollte. Dabei war dem Gesetzgeber durchaus bewusst, dass Personen, die sich noch in der Ausbildung befinden, häufig nur über geringe finanzielle Mittel verfügen. Dennoch hat er bereits bei der Frage, welche Personen von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien sind, zwischen Empfängern von Ausbildungsförderung und anderen Studierenden differenziert und auch im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag mit der abschließenden Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a RBStV hieran festgehalten. Damit werden Studierende, die auf Unterhaltszahlungen der Eltern verwiesen werden, und solche, die einen Fachrichtungswechsel vornehmen oder die Regelstudienzeit überschreiten, ein Zweitstudium absolvieren oder nicht die Voraussetzungen des § 8 BAföG erfüllen, von der Befreiung bewusst ausgeschlossen.

Der Fall des Klägers weist demgegenüber keine atypische, vom Gesetzgeber bei der Regelung der speziellen Befreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 RBStV übersehene Sachverhaltskonstellation auf, die ausnahmsweise zur Annahme eines Härtefalls im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV führen könnte. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass auch in Ausnahmefällen, die wegen ihrer atypischen Ausgestaltung nicht im Einzelnen vorherzusehen sind und sich daher nicht mit den abstrakten Merkmalen des Gesetzes erfassen lassen, ein Ergebnis erreicht wird, das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielsetzung gleichwertig ist. Dementsprechend kann ein atypischer Fall nur dann angenommen werden, wenn zu der allgemeinen Einkommenssituation noch besondere Lebensumstände hinzukommen.

Umstände, aus denen sich hier eine atypische Fallkonstellation ergeben könnte, hat der Kläger jedoch schon nicht vorgetragen, sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens lässt sich bereits die geltend gemachte förderungsrechtliche Situation nicht abschließend beurteilen. So hat er für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2013 (Sommersemester 2013) einen ablehnenden BAföG-Bescheid nicht vorgelegt. Auch im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Fall des Klägers in atypischer Weise von der Konstellation abweicht, in der ein Student als beitragspflichtiger Wohnungsinhaber, für den nach Ausschöpfung sämtlicher BAföG-Förderungsmöglichkeiten auch SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht in Betracht kommen, den Rundfunkbeitrag, der für jede Wohnung nur einmal anfällt, aus selbst verdienten oder ihm von Dritten anderweitig zugewendeten finanziellen Mitteln begleichen muss oder ihn etwa auch (im Innenverhältnis) auf verschiedene Bewohner verteilen kann.

Ausgehend davon sieht die Kammer auch keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und - wie vom Kläger beantragt - eine Entscheidung des zuständigen Verfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Befreiungsregelungen einzuholen. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger schriftsätzlich beantragt, die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, um die Frage zu klären, ob eine Gesetzgebungskompetenz der Länder hinsichtlich einer geräteunabhängigen Rundfunkbeitragspflicht besteht. Auf den Einwand der fehlenden Gesetzgebungskompetenz könnte der Kläger den geltend gemachten Befreiungsanspruch ohnehin nicht stützen. Wäre der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verfassungswidrig, so bliebe das auf eine Verpflichtung zur Beitragsbefreiung gerichtete Klageverfahren ebenfalls erfolglos. Von einer unwirksamen Beitragsverpflichtung könnte der Kläger nämlich nicht befreit werden. Insoweit müsste er sich dann gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen selbst wenden. Unabhängig davon schließt sich die Kammer der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2016 (Aktenzeichen: 6 C 6.15) an, mit dem es die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages für private Haushalte bestätigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 167 VwGO hat das Gericht abgesehen, weil nicht ersichtlich ist, dass eine solche hier praktische Bedeutung haben könnte.