Wie schön, dass es (noch) Volksparteien gibt. Sie können – weil sie unterschiedliche Meinungen und Interessengruppen in sich vereinen – stellvertretend für die Gesellschaft politische Konflikte austragen.
Noch schöner wäre es, wenn die Volkspartei CDU diese Möglichkeit jetzt auch nutzte. Ihr Bundesvorstand hat Vorschläge für eine neue Bildungspolitik entwickelt, die auf einem Parteitag im November beschlossen werden sollen. Das neue bildungspolitische Konzept der Parteiführung ist im Großen und Ganzen vernünftig. Es orientiert sich am Stand der Bildungsforschung und trägt den neuen Realitäten, etwa dem Bevölkerungsrückgang, Rechnung.
So nüchtern kann man das aber nur als Außenstehender betrachten. Für die CDU bedeutet die Modernisierung ihrer Bildungspolitik eine Revolution: Die Hauptschule soll zusammen mit der Realschule in sogenannten Oberschulen aufgehen . In Ganztagsschulen sollen die Schüler bis zum Nachmittag lernen. Die Kita wird zur Bildungseinrichtung. All das ist für eine Partei nicht leicht zu schlucken, die lange Wahlkämpfe – echte Kämpfe! – für das dreigliedrige Schulsystem geführt hat. Für eine Partei, die Kinder noch bis vor wenigen Jahren so lange wie möglich in der Obhut der Mütter belassen wollte.
Zumal sie mit diesem Kurs durchaus gut gefahren ist. Wie die Pisa-Studie offenbart hat, führten die Schulen dort, wo die Union lange Zeit regiert hat, ihre Schüler nicht nur zu besseren Leistungen; sie erwiesen sich auch als sozial gerechter als jene in SPD-regierten Ländern.
Jetzt kann die CDU die Modernisierung ihrer Bildungspolitik erhobenen Hauptes und mit Gewinn diskutieren, wenn sie sich klarmacht, was da in der Vergangenheit zum Erfolg geführt hat. Die Aufteilung der Schüler auf Hauptschule, Realschule und Gymnasium war es jedenfalls nicht. Das ist ein Mythos, der in Teilen der Union lebt (genau wie in großen Teilen der SPD, der Grünen und der Linkspartei die Gesamtschule mythologisiert wird). Nein, die Gliederung des Schulsystems wird in Deutschland maßlos überschätzt.
Viel wichtiger war, dass die Union in der Schule immer das Leistungsprinzip hochgehalten und damit auch der Gerechtigkeit gedient hat. Dass sie bei nötigen Schulreformen lieber behutsam als experimentierfreudig vorgegangen ist; dass sie mehr auf die Eltern gehört hat als andere Parteien; dass ihre Repräsentanten oft gegen die Geringschätzung traditioneller Bildung aufgetreten sind. Daran kann sie anknüpfen, wenn sie sich von anderen Parteien unterscheiden will.
Man kann nur hoffen, dass die CDU die Erneuerung ihrer Bildungspolitik jetzt wirklich diskutiert und nicht, wie etwa den Atomausstieg, nur widerwillig zur Kenntnis nimmt.