Das neue Bürgergeld löste ab 1. Januar 2023 „Hartz IV“ ab und soll unbürokratischer als bisher Leistungsberechtigten die Grundsicherung ermöglichen.
München – Seit dem 1. Januar 2023 ist in Deutschland das neue Bürgergeld-Gesetz in Kraft. Das Bürgergeld ist eine Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte in Deutschland, die das Arbeitslosengeld II (umgangssprachlich „Hartz IV“ genannt) ablöste. Es sichert die Existenz für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken können. Etwa dann, wenn jemand seine Arbeit verloren hat oder sein Geschäft schließen musste. Oder weil aus anderen Umständen eine regelmäßige Beschäftigung nicht weiterhin möglich ist, etwa aufgrund einer langen oder chronischen Krankheit.
Bezeichnung | Bürgergeld |
---|---|
Inkrafttreten | 01. Januar 2023 |
Ersatz für | Hartz IV |
Beschreibung | Grundsicherung für Langzeitarbeitslose |
Die Bedarfe werden nun nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst. Zusätzlich dazu werden die aktuellsten verfügbaren Daten über die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung berücksichtigt. Das Bürgergeld hat das Ziel, mit einer einfachen Beantragung, unbürokratischer und digital zugänglich zu sein.
Wer bekommt Bürgergeld?
Nur Personen, die erwerbsfähig sind und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken können und andere, vorrangige Leistungen (Arbeitslosengeld, Wohngeld, Kinderzuschlag etc.) nicht ausreichend sind, erhalten Bürgergeld. Dabei gibt es folgende Voraussetzungen:
- Mindestens 15 Jahre alt und die Altersgrenze für die Rente noch nicht erreicht
- Wohnort und Lebensmittelpunkt in Deutschland
- Fähigkeit, mindestens drei Stunden pro Tag zu arbeiten
- Betroffene oder Mitglieder deren Bedarfsgemeinschaft sind hilfebedürftig
Hilfebedürftig sind laut der Bundesagentur für Arbeit Personen, wenn das Einkommen ihrer Bedarfsgemeinschaft unter dem Existenzminimum liegt und sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten können. Als erwerbsfähig gilt wiederum, wer nicht durch Krankheit oder Behinderung daran gehindert ist, zu arbeiten.
Auch nicht erwerbsfähige, aber hilfebedürftige Personen, die mit Bürgergeld-Berechtigten in einem Haushalt zusammenleben, erhalten Bürgergeld. Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatte, hat auch künftig einen Anspruch auf Bürgergeld.
Wie beantragt man das Bürgergeld?
Der Bürgergeld-Antrag muss bei der Gemeindeverwaltung bzw. der Stadtverwaltung des eigenen Wohnorts gestellt werden. Zuständig dafür sind die Jobcenter. Der Antrag ist die Grundvoraussetzung für die Zahlung des Bürgergeldes, denn ohne gestellten Antrag wird kein Bürgergeld gezahlt. Bürgergeld wird grundsätzlich erst ab dem Tag der Antragstellung gezahlt, beispielsweise ab dem 1. des Monats, in dem der Antrag auf Bürgergeld gestellt worden ist.
Der Bürgergeld-Antrag kann zunächst formlos gestellt werden, mündlich oder schriftlich. Das Antragsformular, also den Fragebogen zum Antrag, kann man dann später ausfüllen. Weil der (formlose) Antrag die Voraussetzung für den Anspruch ist, sollte man die Antragstellung und ihren Zeitpunkt im Zweifel nachweisen können – etwa durch einen eingeschriebenen Brief.
Die offiziellen Antragsformulare zum Bürgergeld gibt es unter anderem auf www.buerger-geld.org zum Download. Berechtigte können es aber auch online beantragen. Das ist auf der Seite der Bundesagentur für Arbeit möglich (www.arbeitsagentur.de). Dort können sich Nutzer registrieren und anschließend die nötigen Formulare abrufen.
Welche Nachweise müssen dem Bürgergeld-Antrag beigefügt werden?
Dem Antrag auf Bürgergeld müssen Nachweise zu den persönlichen Verhältnissen, vor allem zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beigefügt werden. Die Nachweise können nachgereicht werden, müssen also nicht zusammen mit dem Antrag an das Jobcenter übermittelt werden.
Über den Bürgergeldantrag kann aber erst dann entschieden werden, wenn alle Nachweise vorliegen. Es liegt deshalb im Interesse des Antragstellers, die Nachweise so früh wie möglich einzureichen. Die Nachweise zum Bürgergeldantrag beziehen sich auch auf die familiäre Situation und die Wohnsituation. Beim Jobcenter muss im Einzelnen eingereicht werden:
- Antragsformulare
- Gültiges Ausweisdokument: Personalausweis oder Reisepass mit Meldebescheinigung oder (bei ausländischen Staatsbürgern) Aufenthaltstitel
- Nachweise hinsichtlich des Einkommens – etwa eine Gehaltsabrechnung oder Verdienstbescheinigung. Es reichen aber auch aktuelle Kontoauszüge, aus denen die Zahlung des Gehalts, der Rente, des Krankengeldes, Kindergeldes, Unterhalts oder sonstige Einkünfte ersichtlich sind.
- Kontoauszüge der vergangenen 3 Monate
- Nachweise über das Vermögen (z. B. Kontoauszüge, Sparbücher oder sonstige Banknachweise)
- Nachweise über laufende Ausgaben – etwa Kontoauszüge, aus denen die Mietzahlung oder die Zahlung von Versicherungsbeiträgen oder sonstige Zahlungen ersichtlich sind
- Mietvertrag
- Heiz- und Nebenkostennachweis (die letzte Heiz- und Nebenkostenabrechnung des Vermieters)
- Nachweise eines früheren Leistungsbezugs, auch bei einem anderen Jobcenter (Bewilligungsbescheid)
- Falls der Bürgergeldantrag im Anschluss an ein Beschäftigungsverhältnis gestellt wird, müssen die Arbeitspapiere, Kündigungsschreiben oder der Aufhebungsvertrag und eine vom Arbeitgeber ausgefüllte Arbeitsbescheinigung eingereicht werden.
Im Anschluss an den Antrag erhalten die jeweiligen Personen von ihrem Jobcenter eine schriftliche Antwort. Der Bescheid enthält die Entscheidung über den Antrag. Die Bundesagentur für Arbeit weist darauf hin, dass Antragsteller ihren Bescheid prüfen sollen. Sollten diese die Berechnung des Jobcenters nicht nachvollziehen, sollten sie Kontakt mit dem Jobcenter aufnehmen.
Wie hoch ist das Bürgergeld?
In der nachfolgenden Tabelle finden Sie die Regelsätze im Überblick:
Alleinstehende/Alleinerziehende | 563 Euro |
---|---|
Paare je Partner/Bedarfsgemeinschaften | 506 Euro |
Volljährige in Einrichtungen | 451 Euro |
Jugendliche von 14-17 Jahre | 471 Euro |
Kind von 6-13 Jahre | 390 Euro |
Kind von 0-5 Jahre | 357 Euro |
Wie wird Einkommen und Vermögen berechnet?
Bei Antragstellung wird zunächst der individuelle Bedarf der jeweiligen Antragstellenden ermittelt. Dieser setzt sich vor allem aus dem jeweiligen Regelbedarf, den Kosten der Unterkunft und etwaigen Mehrbedarfen zusammen. Diesem Bedarf werden eventuell vorhandenes Einkommen und Vermögen gegenübergestellt. Zuvor werden davon jedoch die jeweiligen Freibeträge abgesetzt:
- Von monatlichen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit werden zunächst pauschal 100 Euro abgesetzt.
- Von den darüberhinausgehenden Einnahmen werden dann für den Teil zwischen 100 und 520 Euro 20 Prozent, von dem Teil zwischen 520 und 1.000 Euro 30 Prozent und von dem Teil zwischen 1.000 und 1.200 Euro erneut 10 Prozent nicht auf die Leistungen angerechnet.
- Für Menschen, die mindestens ein minderjähriges Kind haben, gilt die letzte Freibetragsstufe bis zu einem Einkommen von 1500 Euro.
Auch beim Vermögen gelten Freibeträge. Während der Karenzzeit, also dem ersten Jahr des Leistungsbezugs, bleiben 40.000 Euro für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft unberücksichtigt. Für jede weitere Person bleiben 15.000 Euro unangetastet. Nach Ablauf der Karenzzeit gilt die Grenze von 15.000 Euro für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Als Vermögen zählt der gesamte Besitz, der in Geld messbar ist.
- Bargeld
- Sparguthaben, Sparbriefe, Wertpapiere
- Sachen wie Fahrzeuge oder Schmuck
- Lebensversicherungen
- Haus- und Grundeigentum, Eigentumswohnungen
Leistungen für Kinder und Jugendliche
Mit dem Bürgergeld bleiben für Kinder und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres neben dem Regelsatz weiterhin – wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – auch diese Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalten:
- eintägige Ausflüge von Schule oder Kindertagesstätte
- mehrtägige Klassenfahrten von Schule oder Kindertagesstätte
- Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (in zwei Chargen: 1. Februar und zum 1. August eines Jahres)
- Beförderung von Schüler und Schülerinnen zur Schule
- angemessene Lernförderung (Nachhilfe)
- gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in der Schule, Kindertagesstätte oder Hort
- 15-Euro-Pauschale bei tatsächlicher Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (nur bis zum 18. Lebensjahr)
Wann gibt es Sanktionen?
Das Bürgergeld soll explizit kein bedingungsloses Grundeinkommen sein. Wer die Sozialleistung erhält, muss konkrete Pflichten erfüllen. Pflichtverletzungen können unter bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
- Nicht-Einhalten von Aufforderungen zu den im Kooperationsplan getroffenen Absprachen oder Mitwirkungshandlungen
- Weigerung, eine ihnen angebotene zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder das Zustandekommen durch ihr Verhalten zu verhindern
- Nicht-Antreten oder Abbruch einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit
- Einkommen oder Vermögen mit der Absicht zu mindern, Bürgergeld zu erhalten
- Versäumnis, sich nach Aufforderung beim Jobcenter persönlich zu melden
- Versäumnis, bei einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung zu erscheinen
Halten sich die Bürgergeld-Bezieher nicht an diese Pflichten, müssen sie mit Sanktionen rechnen.
Verstoß | Bürgergeld-Kürzung als Sanktion |
---|---|
1. Pflichtverletzung | 10 Prozent des Regelbedarfs für einen Monat |
2. Pflichtverletzung | 20 Prozent des Regelbedarfs für zwei Monate |
Jede weitere Pflichtverletzung | 30 Prozent des Regelbedarfs für drei Monate |
Weigern sich Bürgergeld-Bezieher, ohne wichtigen Grund eine Beschäftigung aufzunehmen, sind sogenannte Totalsanktionen möglich. Dabei entzieht das zuständige Jobcenter den Betroffenen den gesamten Regelbedarf für bis zu zwei Monate. Wohnung und Heizung werden jedoch weiterhin bezahlt. Die Streichung der Zahlung ist seit dem 28. März 2024 möglich und auf zwei Jahre befristet.
Rubriklistenbild: © Bihlmayerfotografie/IMAGO