"Ich nenne es meinen Orientalismus"

Von Jörg Immendorff
Veröffentlicht am 24.08.2003Lesedauer: 2 Minuten

Ich frage mich - wie jeder aus dem Kunstbereich: In welchem Staat leben wir? Wo nach einer anonymen Denunziation in einem Hotel, in dem es, wenn Sie ein Zimmer gemietet haben, eigentlich einen Privatbereich gibt, so verfahren werden kann. Ich sehe keine Veranlassung, mein Werk zu verteidigen. Das spricht für sich. Die einzigen, die Anspruch auf eine Rechfertigung für mein Verhalten haben, welches ich als meinen "Orientalismus" bezeichne, jene Ereignisse, aus denen ich mir meine Inspirationen ziehe, ist meine Familie. Ansonsten bin ich niemandem Rechtfertigung schuldig. Ich gefährde mit Sicherheit keine anderen Menschen. Und ich empfinde mich nicht als Staatsfeind Nummer eins. Diese Jauchekübel, die jetzt über mich gegossen werden, nehme ich zur Kenntnis. Man versucht, meine Familie zu beschädigen. Das ist unsäglich. Hinzu kommt: Es stimmt sachlich von vorn bis hinten nicht. Aber das interessiert eine gewisse Art von Journalisten nicht. Genauso wie es ehrenrührige Prostituierte gibt, die einfach nicht kapiert haben, dass eine gute Hure eben auch nichts über ihre Klienten ausplaudert. Es existiert eben ein Verfall der Sitten in allen Berufsgattungen. Fakt ist: Meine Frau ist extra aus Bulgarien zurückgekommen, um mir zur Seite zu stehen - bei all dem, was ich ihr angetan habe. Und sie hat vor, an meiner Seite zu bleiben. Was für ein Unsinn auch anzunehmen, ich hätte da etwas inszeniert, um mich als Maler ins Gespräch zu bringen. Ich war gerade in St. Petersburg mit einer Skulptur, in China mit zwei Museumsausstellungen. Wie viel Ausstellungen in einem Jahr soll man machen? Demnächst stelle ich im Museum Ludwig in Köln aus und habe eine Rieseneröffnung in Berlin.

Ich werde mich nicht verkriechen. Es gibt für mich keinen Grund zu fliehen. Ich bleibe in Deutschland. Menschen sollen die Privatsphäre des anderen Menschen respektieren. Ich will auch nicht wissen, ob Herr von Beust schwul ist. Was der abends oder tagsüber in seinem Schlafzimmer macht, ist sein Bier. Ich denke, das sollten wir alle mal wieder lernen. Ich werde kommende Woche in einem Meeting für Fragen zur Verfügung stehen.

Aufgezeichnet von Dagmar von Taube


Mehr aus dem Web

Neues aus der Redaktion

Auch interessant

Mehr zum Thema