TV-Talk

Was machte Verena Kerth bei „Maischberger“?

Von Tim Slagman
Veröffentlicht am 21.05.2014Lesedauer: 4 Minuten

„Danke, Uli Hoeneß! Wird die Steuermoral jetzt besser?“, fragte Maischberger provokant. Ein Gast sah die freiheitliche Gesellschaft dem Ende nah, andere gaben durch ihre Anwesenheit Rätsel auf.

Hätten Sie’s gewusst? „Steuerkriminalität ist kein Kavaliersdelikt.“ Man braucht nun wirklich nicht den Fall von Uli Hoeneß zu bemühen, um zu derselben Folgerung zu kommen wie Erwin Huber, der ehemalige CSU-Chef und Finanzminister von Bayern. Und braucht man tatsächlich eine weitere Talkrunde, um diese Sau erneut durchs Dorf zu treiben?

Vielleicht. Wenn, wie es der Anlass versprach, wirklich neue Aspekte oder Folgen eines derart totdiskutierten Themas besprochen würden. Drei Mal so viele Selbstanzeigen habe diese Art der Totdiskutiererei ausgelöst, 428 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen für den Staat, so rechnete Sandra Maischberger vor – und zwar, wie in einer Grafik gegen Ende zu sehen war, drei Mal so viele im Jahr 2013 wie im Jahr 2012. Was genau soll Uli Hoeneß damals schon damit zu tun gehabt haben?

Ines Pohl, Chefredakteurin der „taz“, war sich denn auch sicher, dass nur die Angst davor, erwischt zu werden, die Menschen zur Selbstanzeige treiben könne, also: die Daten auf den sogenannten Steuer-CDs. Huber verstieg sich da zu der wunderbaren Aussage: „Wir haben die CD zwar nicht gekauft, aber genutzt.“

Dieser Moment war eines der drei spärlichen Highlights der Runde. Das andere war die Obsession, mit der Roland Tichy, Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“, den Begriff des „totalen Überwachungsstaats“ wiederholte: Totaler Überwachungsstaat, totaler Überwachungsstaat, totaler Überwachungsstaat.

Was ihn dazu trieb? Ein Ausschnitt aus einem Beitrag, der Ende März schon in der Sendung „Plusminus“ gelaufen war, zeigte eine Grenzkontrolle. Eine Kontrolle, bei der ein Beamter – Tichy: ein „Lümmel“ – ein Ehepaar, das gerade aus der Schweiz zurückgekommen war, mit hartnäckigen Fragen konfrontierte: Um ein Uhr schon vom Tagesausflug zurück? Zwei Mal 9800 Franken dabei, verdächtig nah an der Grenze des Erlaubten?

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Dadurch war für Tichy die Unschuldsvermutung zum Teufel: „Das ist nicht mein Bild einer freiheitlichen Gesellschaft.“ Wahrscheinlich malte Tichy deshalb so versessen ein anderes, das des – genau – totalen Überwachungsstaates an die Wand, weil er ahnte, dass es sich aus dem Beitrag von alleine nicht unbedingt so ergeben hatte, wie er es sich gewünscht hätte.

Und das dritte Highlight? Das war die Einladung von Verena Kerth, die wohl irgendwie als FC-Bayern-Intima zu diesem Glück gelangt war und sich im dekorativen Farbenbonbon-Dirndl optisch deutlich vom Rest der Runde abhob. Sie gab zu: „Steuer und ich sind wie Bügelbrett und Waldmeisterbowle.“

Der Blick in den Kleiderschrank

Ansonsten bestand ihre Funktion darin, sich zum einen ganz doll empört zu geben über die Behandlung, der Hoeneß in den Medien ausgesetzt war – und zum anderen davon zu berichten, wie es ist, wenn man Schenkungssteuer für sündhaft teure Kleider bezahlen muss, weil einem der totale Überwachungsstaat in den Kleiderschrank guckt.

Nun, ganz so einfach war es nicht damit, immerhin hatte Kerth ihren Kleiderschrank für eine TV-Sendung geöffnet, wie Maischberger anmerkte. Gegenüber von Kerth saß Ingo Appelt, Kompetenznachweis: Er hatte sich, natürlich auch im Fernsehen, einen Bayern-Schal umgelegt und davon gesungen, dass „der Runde ins Eckige“ muss, huahuahua.

Um fair zu bleiben: Appelt sprach davon, dass er Uli Hoeneß eigentlich für „einen redlichen Menschen“ halte und er argumentierte sachlich und stringent, warum dessen Vergehen schwerwiegend seien und es mit der Betonung der Verdienste des Verurteilen dann auch langsam mal gut sei.

Fachfremde Promis und kaum neue Ansätze

In der ersten Dreiviertelstunde, mithin also im Großteil der Sendung, ging es eben nicht um den Anstieg der Selbstanzeigen. Nicht um die verschärften Kontrollen. Nicht um Steuerverschwendung. Vielmehr wurden all diese Themen in den letzten 30 Minuten im Schweinsgalopp durch die Runde gejagt.

Sondern es ging um all die moralischen und juristischen Implikationen des Falles eines sehr berühmten Steuersünders, die bereits mehr als einmal mit sehr großer Detailversessenheit aufgefächert wurden. Da war nichts, aber auch gar nichts Neues dabei.

Dafür brauchte es Unterhaltungspromis wie Kerth und Appelt, die man, ohne üble Nachrede zu betreiben, als fachfremd und deren Einladung man als verdammt großes Rätsel bezeichnen kann.


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